Eine Geschichte so bittersüß wie das Leben

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romy_abroad Avatar

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Karla und ihre Schwester Marie sind beide in der Provinz aufgewachsen, wohlbehütet in einem Haus mit blau gestrichenem Zaun. Ihre Jugend war geprägt von hausgemachtem Apfelkuchen, Parties in der Mehrzweckhalle der Gemeinde und Ausflügen in den Wald zum Pilze sammeln. Während Karla in ihrer Heimat immer tiefere Wurzeln schlägt, zieht es Marie in die weite Welt. Auf Umwegen landet sie schließlich in New York, wo sie als Fotografin arbeitet und erste Erfolge feiert. Doch das Leben der Familie erfährt einen jähen Abbruch, als Marie bei ihrer morgendlichen Jogging-Runde von einem Auto erfasst wird und ums Leben kommt. Ihre Eltern sind am Boden zerstört und verzweifelt, durch die Entfernung wird ihre Hilflosigkeit noch verstärkt. Also macht Karla sich auf den Weg in die Vereinigten Staaten: Zunächst um die Asche ihrer Schwester nach Hause zu holen, und schließlich noch einmal, um ihre Wohnung auszuräumen und aufzulösen. Während Karla sich bemüht, nicht in ihrer Trauer zu versinken, verbringt sie die Tage in der Wohnung ihrer Schwester, sortiert deren Kleidung und sichtet ihre Besitztümer. Es entsteht ein Sog, durch den Karla sich auf einmal in den metaphorischen Schuhen ihrer Schwester wiederfindet, deren Freuden und Probleme durchlebt. Sie kann sich nicht länger auf die Position der Beobachterin beschränken, und ist gezwungen, das Bild ihrer Schwester, das sie bisher hatte, zu hinterfragen.

Anika Landsteiner hat mit "So wie du mich kennst" einen unglaublich unaufgeregten, und gleichzeitig schmerzhaften Roman geschrieben. Als Leserin haben mich das Cover und die Schilderungen aus der Heimat der Schwestern in eine Welt enführt, die man nur als "Zuhause" beschreiben kann. Stets durchzogen von Verlust und einer gewissen Abwesenheit, war es doch eine Welt, in der ich mich wohl gefühlt habe. Dabei hat die Autorin unangenehme Themen nicht vermieden, sondern eingebettet und integriert. Entstanden ist eine wirklich schöne und gefühlvolle Geschichte, die ich gerne gelesen habe. Einziger Wehrmutstropfen für mich war die Unstimmigkeit zwischen dem Klappentext des Buches und dem tatsächlichen Verlauf, beziehungsweise die Effekthascherei im Klappentext, die das Buch eigentlich nicht nötig hat.
Ein wirklich schöner Roman mit starken weiblichen Charakteren.