Einfühlsamer Roman, der die ernste Thematik sexueller Gewalt behandelt

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janine_napirca Avatar

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Triggerwarnung: (sexuelle) Gewalt gegen Frauen



So wie du mich kennst von Anika Landsteiner erzählt die Geschichte der beiden Schwestern Karla und Marie. Während Marie erfolgreich als Fotografin in New York durchstartet, arbeitet Karla als Lokaljournalistin in der Heimat in Unterfranken. Als die Handlung einsetzt, ist Maria bereits tot. Überfahren von einem Auto, weil sie beim Joggen eine rote Ampel übersehen hat. Dennoch wird die Geschichte zum einen aus Karlas Perspektive, die in der Gegenwart spielt, erzählt, zum anderen das Innenleben Maries aus der Vergangenheit wiedergegeben.



Es war mega schön zu lesen, wie aufmerksam und liebevoll detailliert die beiden Schwestern sich gegenseitig wahrnehmen und beschreiben. Aber die Story behandelt auch ein sehr ernstes und wichtiges Thema: häusliche Gewalt, sexuelle Gewalt innerhalb der Ehe, aber auch sexuelle Belästigung und versuchte Vergewaltigung durch eine fremde Person. Dass die Betroffenen sich niemandem anvertrauen aus Scham, sich selbst die Schuld geben, oder wenn sie den Mut aufbringen, die Täter (hier gendere ich bewusst nicht) anzuzeigen, Beweise fehlen/ihnen nicht geglaubt wird. Es könnte in Anbetracht der aktuellen #konsequenzenfürluke Debatte wohl kaum einen passenderen Erscheinungstermin für diesen Roman geben.



Die Fragestellung, ob wir uns genug erzählen, anvertrauen, öffnen, fand ich sehr spannend, ich kann aber auch den Wunsch nach Privatsphäre und Intimität sehr gut nachvollziehen. Man muss auch nicht immer alles über seine Mitmenschen wissen. Ich denke, es ist wichtig, Vertrauen aufzubauen und Situationen zu schaffen, in denen anderen die Wahl bleibt, ob wann in welcher Form sie was erzählen wollen.