Emotionen und Gedanken

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missdejavu Avatar

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"So wie du mich kennst" erzählt einen Abschnitt im Leben der beiden Schwestern Marie und Karla. Allerdings nicht ganz zur gleichen Zeit, denn Marie ist bei einem Unfall gestorben.
Die letzten Jahre war das Leben der beiden ziemlich unterschiedlich, Karla wohnt und arbeitet in einem kleinen Ort im Süden Deutschlands, nahe ihrem Heimatdorf, während Marie als Fotografin in New York wohnt. Und trotzdem hätten die beiden sich ihr ganzes Leben nicht näher stehen können und dementsprechend groß ist das Loch, das Maries Tod in Karlas Leben reißt.
Damit Karla sich um Maries Sachen und ihre Wohnung kümmern kann, verbringt sie ein paar Wochen in New York und hat nicht nur mit ihrer Trauer zu kämpfen, sondern erfährt, dass Marie die letzten Jahre nicht mehr alle Geheimnisse mit ihr geteilt hat. Sie entdeckt Dinge, von denen sie erst nach und nach herausfindet, was es damit auf sich hat und muss verarbeiten, dass sie ihre Schwester vielleicht doch nicht mehr so gut kannte, wie sie immer gedacht hat.

Anika Landsteiner hat mit “So wie du micht kennst” einen sehr besonderen Roman geschaffen. Man begibt sich auf eine emotionale Reise. Der Roman regt viel zum Denken an, hält viele Weißheiten bereit, vor allem aber erschrickt er einen mit seiner Wahrheit. Die Tiefen, die das Leben und damit die Menschen dahinter prägen bis hin zu den traumatischen Ereignissen, die viel zu viele Frauen vor allem in Ehen und Beziehungen erfahren mussten. Der Roman hat seinen Hauptfokus auf jeden Fall auf der Beschreibung der Gefühle, man taucht tief in die Emotionen und in die Gedankenwelt der Chraktere ein und ich hatte noch selten das Gefühl Romanfiguren wirklich so gut zu kennen und zu verstehen wie hier. Man erfährt auch eine ganze Menge aus der Kindheit der beiden, erlebt zusammen mit Karla nocheinmal die vielen letzten Male und Momente.
Trotz der Schwere der Thematik lässt sich der Roman noch relativ leicht lesen. Die Autorin lockert die Stimmung immer wieder auf, manchmal rufen auch nur Kleinigkeiten ein Schmuzeln hervor.
Dennoch ist das für mich kein Buch, das man in einem Rutsch liest.

Einnehmender Schreibstil, tiefgründige Geschichte – alles in allem ein sehr gelungener Roman, den ich uneingeschränkt empfehlen kann. Ein kleiner Hinweis allerdings: das Hauptthema ist vielleicht etwas überraschend nicht nur Verlust und Trauerverarbeitung sondern zeigt ein wichtiges anderes Thema auf, das in unserer Gesellschaft sehr präsent war und immer noch ist.