Intensiv & überladen mit Längen

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
straßenprinzessin Avatar

Von

“Ich hatte die Nostalgie der Dinge unterschätzt. Der Mensch klammerte sich an alles. Erst an die Person, dann an die Erinnerungen, und dann fiel man oder entstieg wie ein Phoenix der Asche. Am Kummer zerbrochen oder vom Herzschmerz auferstanden – hatte man wirklich die Wahl?“ (Seite 153)

Dieser Roman hat mir gut gefallen, mich tierisch genervt, mich berührt und auch gelangweilt.
Total konfus!

Am Anfang dachte ich, es geht um 2 Schwestern, die fast schon eins sind und nun, wo eine zurück geblieben ist, beginnt das Leben neu zu bewerten. Sich selbst, ihre Entscheidungen, ihre Familie und ihre neue Zukunft.
Eine Zukunft die schmerzt, weil Karla ihre beste Freundin und engste Vertraute, ihre kleine Schwester Marie durch einen Autounfall verloren hat.
Doch es passiert wesentlich mehr und manches davon war mir einfach zu viel, zu unstimmig und manchmal auch etwas zu creepy.

Ich mochte beide Schwestern, wobei ich Marie noch ein bisschen lieber hatte und beide Schwestern kommen in diesem Roman auch zu Wort, was mich echt überrascht, aber auch begeistert hat. Es gibt der Story auf jeden Fall mehr pep und diverse Blickwinkel.

Obwohl beide Mädels sehr unterschiedlich sind, Karla – schüchtern und genügsam / Marie – kreativ und mutig, waren sie mir beim verfolgen der einzelnen Kapitel viel zu ähnlich. Ich fand es ein bisschen Schade, dass die Autorin nicht für jedes Mädel einen extra Stil gefunden hat.
Besonders gut gefallen hat mir der Anfang, unter anderem deswegen, weil ich es mochte, wie die Mädels sich gegenseitig beschrieben haben. Intensiv, aber auch mit viel Liebe, hauen sie Fakten am laufenden Band raus und schnell merkt man, wie sehr sie sich vertrauen und wie viel sie sich anvertrauen.
Doch es gibt auch Geheimnisse, zwischen den Schwestern, zwischen den Eltern und den Kindern und selbst zwischen Fremden.
Auf der einen Seite hat es mir gefallen, wie durch Fremde sich die Geschichte von Karli und auch von Marie entwickelt, auf der anderen Seite hat es mich aber auch tierisch genervt. Bis über die Hälfte hinaus ist man noch am Rätselraten und manchmal war mir das einfach zu lang gezogen. Nichtigkeiten nahmen zu viel Raum ein und Fakten wurden durch fiese Cliffhanger beschnitten.
Außerdem hatte ich nicht das Gefühl, dass Karli sich wirklich weiterentwickelt hat. Ihre Trauerbewältigung war sehr wirr. Gerade am Anfang wirkte es, als ob sie sich verwandeln will, jede Information über/von ihrer Schwester hat sie aufgesaugt und teilweise versucht auf sich zu übertragen. Der ein oder andere Moment war dabei ziemlich creepy.
Der Weg zu sich selber zu finden, sich zu definieren und herauszufinden was bleibt, wenn ein geliebter enger Teil von einem plötzlich verschwindet ist nicht ganz so authentisch gelungen. Auch das Ende fand ich sehr frustrieren und hat die ein oder andere vorherige Erfahrung/ Erkenntnis verdorben. Gab es am Anfang und im Mittelteil noch zu viele Längen, war mir das Ende viel zu kurz.

Alles in allem war es ein netter Roman, der mich manchmal berührt hat, aber auch großflächig an mir vorbeigezogen ist.