Zauberhafter Roman vom Erwachsenwerden

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
lesemöwe Avatar

Von

Elisabeth La Ban hat einen zauberhaften Roman über das Erwachsenwerden geschrieben. Schon die Gestaltung des Covers spiegelt das wider, denn es wirkt einerseits zart durch das Tintenblau im Hintergrund und die Blasen, die Tränen sein könnten, die auf Papier gefallen und die Tinte haben zerlaufen lassen, andererseits durch die Verwendung von Schwarz und Weiß kontrastreich. Eine Gegensätzlichkeit impliziert auch schon der Titel: "So wüst und schön sah ich noch keinen Tag": Es muss also um einen Tag gehen, der einerseits chaotisch und gegen alle Erwartungen verlaufen ist, andererseits aber etwas Besonderes für den Ich-Erzähler beinhaltet hat. Auch interessant ist der Blick auf die Titelgebung des Originals: "The tragedy paper" heißt der Roman im Englischen und damit werden ganz andere Assoziationen wach. Als Ergänzung zu dem deutschen Titel finde ich sie interessant, denn so ahnt man, dass die Geschichte, die erzählt wird, zumindest einen tragischen Kern haben wird, auch wenn man noch nicht weiß, wie die Tragödie an sich ausgehen wird.
Es ist selten, dass einen schon das Titelbild so fesselt, dass man weiß, dass man das Buch unbedingt lesen möchte.

Vor der eigentlichen Geschichte gibt es eine Seite mit der Widmung der Autorin, die um eine Zeichnung ergänzt wurde: Es sind zwei Tore, die sich weit öffnen. Das können die Tore des Internat sein, in dem die Geschichte spielt, aber auch hier wird geschickt mit dem Leser gespielt, denn es ist gleichzeitig auch eine Einladung, selbst einen Schritt hinein in die Welt der Geschichte zu machen und sie mitzuerleben.
Es ist eine Geschichte um zwei Jungen, Duncan und Tim, die beide eine Zeit lang das gleiche Internatszimmer bewohnen, aber zeitversetzt, Jahr auf Jahr. Es ist eine Tradition, dass immer ein Junge demjenigen, der sein Zimmer danach bewohnen wird, etwas hinterlässt. Duncan ist voller Aufregung und Neugier, als er ankommt, und fragt sich immerzu, welches Zimmer er wohl bekommen wird. Umso größer dann die Enttäuschung, dass ihm das Eckzimmer zugewiesen wurde,das keiner will. Noch größer wird die Enttäuschung, als er merkt, dass ihm ein Stapel CDs hinterlassen wurde.... Als er dann aber den beigelegten Brief liest, wird sein Interesse doch geweckt.

Weiter geht es dann mit Tims Geschichte, die er in der Ich-Form berichtet- passend zu der Form, denn Tim hat die CDs gesprochen und für Duncan aufgenommen. Tim ist Albino und fühlt sich nicht wohl in seiner Haut, da er immer wieder auffällt und von anderen angeguckt wird. Er erzählt, wie es dazu kam, dass er das Internat besuchte, und schildert seine erste Begegnung mit Vanessa, in die er sich verliebt. Mehr erfährt man in der Leseprobe noch nicht, aber man ahnt, dass sie eine wichtige Rolle spielen wird, denn sie ist, so schreibt es Tim, neben Duncan die einzige weitere Person, die diese CDs auch noch hat.

Die Geschichte ist wunderschön geschrieben, nimmt einen sofort mit und lässt einen mitfühlen mit den beiden Protagonisten Duncan und Tim. Die Sprache hat eine Leichtigkeit und gleichzeitig wird eine inhaltliche Schwere offenbar, sodass man gefesselt ist und das Buch sofort in einem Rutsch weiterlesen möchte (auch als Erwachsene, obwohl das Buch der Kategorie Jugendbuch zugeordnet ist).