Eine bewegende Familiengeschichte

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mrs-lucky Avatar

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In seinem Roman „Solange wir leben“ erzählt David Safier die bewegende und zum Teil tragische Geschichte seiner Eltern. Sein Vater Josef, genannt Joschi stammt aus einer jüdischen Familie und ist in Wien aufgewachsen. Er erlebt die Anfänge des Nationalsozialismus mit und die Verfolgung der Juden, seinen Vater kann er nicht beschützen, ihm selbst gelingt die Flucht nach Israel, wo er seine ältere Schwester Ruth wieder trifft. Joschi lebt von Jobs, da er sein Studium in Wien nicht mehr abschließen konnte, er heiratet, wird in Israel jedoch nicht heimisch und entdeckt seine Liebe zu Seefahrt. Er ist bereits Mitte 40 als er auf einer dieser Reisen in Bremen die 20-jährige Waltraud trifft und schnell von ihr in den Bann gezogen wird. Waltraud stammt aus einer Bremer Arbeiterfamilie, die im Krieg ausgebombt wurde und unter ärmlichen Verhältnissen lebt. Sie ist in ihrem jungen Alter bereits verwitwet und zieht ihre Tochter mithilfe ihrer Eltern groß. Sie fühlt sich von Joschis Avancen geschmeichelt und dieser ist so verliebt, dass er für eine Heirat mit ihr nur 20 Jahre nach dem Holocaust in das verhasste Deutschland zurückkehrt.
Die Geschichte wird anfangs abwechselnd aus der Sicht Joschis und Waltrauds erzählt, fängt mit kleinen Momentaufnahmen ihre Lebensumstände und Gedanken ein, bis sich ihre Wege kreuzen und zu einer gemeinsamen Geschichte wird. Ihr Leben ist ereignisreich, von Höhen und Tiefen und Schicksalsschlägen geprägt.
Der Roman ist spannend und berührend, und obwohl die Geschichte für den Autor sehr persönlich ist, schafft er eine gewisse Distanz zu den Figuren. Das mag daran liegen, dass in seiner Familie die Vergangenheit kaum thematisiert wurde, vielleicht ist aber gerade seine emotionale Nähe zu den Hauptfiguren der Grund, weshalb er ihre Geschichte eher nüchtern und beschreibend wieder gibt. Die Ereignisse sind auch so oft dramatisch genug, als dass durch stilistische Mittel Spannung aufgebaut werden müsste.
Mich hat wie schon in „28 Tage“ David Safiers Vielseitigkeit beeindruckt, er kann nicht nur Klamauk und Satire, sondern überzeugt mit der Tiefe dieser ebenso spannenden wie emotional berührenden Geschichte.