Kein Happy End

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David Safier kennt man eher als Autor humoristischer Bücher wie "Mieses Karma" oder seine neue Krimireihe "Miss Merkel". Hier überrascht er mit einem ernsten geschichtlichen Thema, der Biografie seiner Familie.
Als Sohn eines österreichischen jüdischen Vaters und einer deutschen Mutter ( eher nicht religiös) erzählt er die Geschichte der Liebe seiner sehr unterschiedlichen Eltern nach.
Vater Joschi muss vor den Nazis aus Wien nach Israel fliehen und landet in einem heißen, staubigen, für ihn völlig fremden Land, wo er sich ohne Ausbildung rumschlägt, bis er zur See fährt.
Seine Mutter Waltraut wächst im Nachkriegsdeutschland ärmlichst in einem Eisenbahnwaggon auf, der noch lange die Heimat für die Familie ist. Ihr erster Mann stirbt und sie bleibt als Verkäuferin mit einer kleinen Tochter zurück.
Waltraud und der 20 Jahre ältere Joschi lernen sich in Bremen kennen, es ist eine große Liebe, aus der David hervorgeht.
Doch es gibt kein Happy End in der Geschichte. Mühselig verlaufen die weiteren Jahre, Waltraut ist völlig überfordert mit der Pflege ihrer Mutter, später ihres alkoholkranken Mannes und der krebskranken erwachsenen Tochter.
Joschi versucht sich in vielen selbständigen Unternehmungen, er scheitert meist grandios.
Ich war von dem Buch gefesselt, hier wird nichts beschönigt. David berichtet distanziert, wenn er im Buch vorkommt , bleibt er "David". Er erzählt von längst vergangenen Zeiten im alten Wien vor den Nazis, dem Untergang der jüdischen Kultur dort und den Härten, die die Flüchtlinge im gelobten Land erwartet hat.
Waltraut lebt nur für die Familie, bügelt vieles aus, ist ein Anker in schwierigen Zeiten, gibt ihr Bestes und sich selbst auf. Gerade die letzten Kapitel zeigen Resignation und Melancholie und man mag sich vorstellen, wie David unter all dem gelitten hat und dass er im Grund sehr allein mit seiner jungen Familie übrig geblieben ist. Der alte Spruch : "Solange man an jemanden denkt, ist er nicht ganz tot" ist ihm ein Trost. Denn: "Ich denke jeden Tag an meine Eltern."