Sensibel und authentisch
Solito, also: ich bin einsam - passender hätte der Titel der Geschichte von Javier Zamora nicht gewählt werden können. Man ahnt zwar allein dadurch, dass es eine wahre Geschichte ist, schon, dass die Ereignisse unter die Haut gehen werden, aber am eindringlichsten geschildert wird die schier unendliche Einsamkeit des 9- Jährigen während der Flucht zu seinen Eltern. Denn nachdem diese bereits in Kalifornien sind, entscheiden sie sich, ihren Sohn, der bei den Großeltern in Südamerika geblieben ist, nachzuholen. Die Ankunft dort und die Zusammenführung mit den Eltern nimmt kaum Raum ein, umso mehr sein Leben in Südamerika und dann vor allem die Flucht, die mit dem Schiff und dann zu Fuß erfolgt. Sensibel und immer aus der Sicht des Neunjährigen werden die Strapazen, die Ängste und eben die Einsamkeit dargestellt, die er währende der Flucht erleidet. Sein Anker in dieser Zeit sind eine Mutter, die mit ihrer Tochter derselben Gruppe angehört, sowie ein junger Mann, dessen jüngerer Bruder verstorben ist. Diese nehmen ihn unter seine Fittiche und geben ihm in all der Einsamkeit ein wenig Geborgenheit. Sprachlich ist das Buch sensibel und authentisch geschrieben. Die Authentizität geht so weit, dass über weite Strecken die Dialoge in Spanisch wiedergeben sind. Ganz ohne Spanischkenntnisse fiel das Nachvollziehen nicht immer ganz leicht und das Glossar am Ende ist zwar hilfreich, aber es unterbricht natürlich den Lesefluss, nachschlagen zu müssen. Dennoch war es eine kluge Entscheidung, das Spanische nicht zu übersetzen, da so die Emotionen noch deutlicher werden. Am Schluss wird klar, wie Zamoras Leben weitergegangen ist und ebenso wird klar, dass das Aufschreiben der Geschichte ein Teil der Verarbeitung seines Traumas ist. Es ist ein rührendes und lesenswertes Buch und es ist schön zu sehen, wie es ihm durch seine Geschichte gelingt, auch anderen Flüchtlingen eine Stimme zu verleihen.