Was für eine Überraschung...

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annabelle Avatar

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Nach der Lektüre der LP habe ich ein völlig anderes Buch erwartet; eine lustige, witzige Geschichte über eine chaotische Familie mit kleinen Kindern.
Umso überraschter war ich, als ich „Sonntags in Trondheim“ von Anne B. Ragde in der Hand hielt. Die Autorin erzählt in diesem wunderbaren Roman eine herzerwärmende, bewegende Geschichte um Vergebung, Versöhnung, von der Suche nach Wegen im Leben und von Familientragödien.
Es handelt sich um den vierten Band über die Geschichte der Familie Neshov und ihren ehemaligen Hof, den inzwischen alle Familienmitglieder verlassen haben und eigene Wege gegangen sind.
Da ich die ersten Bände nicht kannte, hatte ich zunächst Sorge, dass ich die verwirrenden Familienverhältnisse und Zusammenhänge nicht verstehen würde, doch diese Sorge war unbegründet. Denn zum Glück sind in der Innenseite des Umschlags sowohl ein Stammbaum als auch eine Abbildung der einzelnen Personen abgebildet. Da wären zum einen der Großvater – der Alte. Er lebt freiwillig in einem Altersheim, das er nie verlässt, aus Sorge, dass dann ein Traum platzt und er wieder zurück auf den Hof muss. Zum anderen sind da sein Sohn Erlend Neshov und dessen Lebensgefährte Krumme, die in Kopenhagen leben und sich gemeinsam mit einem lesbischen Pärchen den Traum von einer eigenen Familie mit Kindern erfüllt haben.
Margido Neshov, der Bestattungsunternehmer, führt das einsamste Leben von allen. Halt findet er einzig in täglichen Ritualen und Saunagängen. Und hat den Anschluss an das digitale Zeitalter fast verpasst.
Bis eines Tages seine Nichte Torunn vor der Tür steht, die Tochter des verstorbenen ältesten Bruders. Torunn, die selbst einst vom Hof der Familie geflüchtet ist, befindet sich- nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten - auf der Suche nach einem neuen Lebensziel. Sie beschließt, sich den alten Dämonen zu stellen und kehrt als Alleinerbin auf dem Familienhof zurück.

Anne B. Ragde erzählt diese Geschichte in einem sehr schönen Stil. Ihre Sätze klingen nach Lebenserfahrung, haben Tiefe und driften dabei nie ins Triviale ab.
Die Autorin ist zu recht preisgekrönt. Ich kann die Lektüre des Romans nur weiterempfehlen.