Einerseits gut, andererseits schlecht. Aber egal.

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merkurina Avatar

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Irgendwo, ziemlich am Anfang des Buches, kommt  diese Wendung ziemlich häufig vor: Einerseits ist es so ... schlecht (langweilig, seltsam ohne die Kinder, mit denen die Protagonistin an Weihnachten immer zusammen war), andererseits ist es auch gut (entspannend, erholsam, wenn man nicht für alle sorgen muss.) "Aber egal".

Diese Betrachtungsform wird zu Beginn des Romans mehrfach gewählt - und ich hatte sie schon zur Überschrift meiner Rezension bestimmt. Allerdings verschwindet sie im Fortgang des Buches. Aber egal.

Jedenfalls - wie sich dann herausstellt - ist das Buch an verschiedenen Stellen wiederholungssträflich, wie es mir selten auffiel: S. 409: "Sie war fleißig, hatte ein einnehmendes ehrliches Wesen, war strebsam, ehrlich und ziemlich religiös..." Da hatte also jemand nicht nur ein ehrliches Wesen, sondern war auch noch ehrlich! Aber egal.(Obwohl es nur ein Beispiel ist, so etwas kommt häufiger vor.)

Kurz und gut: Spa-Geflüster, die neuste deutsche Ausgabe eines Werkes von Fay Weldon ist einerseits mit heißer Nadel lektoriert (und vielleicht auch übersetzt) ... und setzt andererseits auch auf eine wirkliche Erfolgsautorin, die sich auf jeden Fall verkauft. (Aber egal)

Kommen wir zum Inhalt. (Nein, nicht egal!) Ambivalenzen zeigen sich auch hier.

Das erste Buch, das ich vor vielen Jahren, von Fay Weldon las, war (in deutscher Übersetzung) "Die Teufelin". Ich war sehr fasziniert von einer Schreibe, die ich so bisher nirgends gefunden hatte. Kämpferisch, brutal, positioniert und irgendwie immer dreimal umme Ecke.

Komischerweise bin ich seitdem irgendwie entspannter geworden ... und hatte diese Hoffnung ... Fay Weldons Bücher auch. Ich glaube an weibliche Autonomie, ich liebe das Durchatmen ohne Männer, Kinder, einfach ich ... und  ihr ... mit anderen Frauen. Kurz und gut, vom Grundaufriss her dieser Geschichte, dachte ich, was hat diese Ich-Ezählerin für ein Glück, dass sie einfach mal so ne Auszeit nehmen kann.

Und dann kommt, inmitten dieses eigentlich sehr harmonischen Aufrisses viel Paranoides. Die alte Fay Weldon, fast unverändert. (Das ist einerseits ... und andererseits ... aber egal.)

Mich haben die Frau am Anfang, die bei dieser reizenden Frisuerin sitzt, ebenso wie die reizende Friseurin und die Gemengelage, die da am Anfang berichtet wird, so sehr interessiert, dass ich es wirklich schade fand, dass das so sang- und klanglos nur der nie mehr wichtige Einstieg war. Einerseits. Ich konnte dieser nahezu enzyklopädischen Abarbeitung der aktuellen Frauenthemen, welche statt dessen folgt,  inklusive Gender, Lesbentum, Transsexualität, Patchworkfamilie, künstlicher Befruchtung, Inzest ... durchaus etwas abgewinnen. Andererseits. Wenn´s auch wirkt wie eine Kolloquiumsaufgabe im Fachbereich "Kreatives Schreiben". Aber egal!!!

Ich habe das Buch in einem Zug durchgelesen (gut!) Ich fand es dennoch nicht wirklich erhellend (schlecht!)

Ich mag eigentlich überhaupt keine Kurzgeschichten, in dieser Whirlpoolversion aber manchmal schon (gut). Bei mancher akademischen Länge in gewissen Geschichten, war ich beruhigt, dass sie irgendwann aufhören und dann die nächste kommt (auch wenn beruhigt, lautet das Urteil hier: naaajaaa ...)

Fay Weldon ist sich treu geblieben, ihrem Stil, ihren Verkaufserfolgen. Einerseits gut (treu), andererseits schlecht (schaaade...). Aber egal.

Nur einfach mal wundern kann ich mich ja wohl über die Relevanz der Schönheitschirurgie in diesen Erzählungen. Wie krank ist das denn?

Really good: Such a good looking book. Ich denke "Wildes Blut, Atelier für Gestaltung" muss ich mir merken. Gut!