Aufschlussreich, berührend und manipulativ gut

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loralai Avatar

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Eine sehr schöne Geschichte, über die Freundschaft von drei Mädchen und dem Umgang mit psychischen Krankheiten.

Der Schreibstil ist in der ersten Person Singular verfasst und man bekommt ein sehr gutes Bild von der Hauptprotagonistin. Ihre Gedanken und Gefühle werden sehr schön und vor allem sehr persönlich dargestellt.Ihre Ängste und Sorgen vor allem werden sehr gut beleuchtet und gleichzeitig auch, wie sich ihre Krankheit auf ihr Leben ausgewirkt hat und es immer noch tut.
Mir gefällt vor allem sehr gut, wie selbst dem Leser nur nach und nach gewisse Dinge bewusst werden. Da es aus der Ich-Perspektive geschrieben ist und daher natürlich Evies Innenleben im Vordergrund steht, ist man im ersten Moment auf ihrer Seite. Wenn sie leidet, wenn sie bestimmte Dinge tun will, die auf ihre Zwangsstörung und Angststörung anspielen und dadurch hervorgerufen werden. Im ersten Moment denkt man noch "Lass das Mädchen doch unter die Dusche!" Letztendlich merkt man im Verlauf der Geschichte, dass man sich sogar während des lesen emotional hat manipulieren lassen. Genau das, was psychisch kranke Menschen durchaus sehr gut können, wie ebenfalls im Buch verdeutlicht wird und das zum Teil strenge Verhalten der Eltern erklärt. Sie haben den Auftrag erhalten, sich von der Tochter eben NICHT manipulieren zu lassen. Das ist keine leichte Aufgabe.

Zudem möchte ich positiv hervorheben, dass die Krankheit zwar keine Kleinigkeit darstellt, aber auch nicht der einzige Drehpunkt der ganzen Story ist. Im Leben gibt es immer mehr Dinge, die gleichzeitig passieren und das ist für Evie nicht anders. Vor allem, da das Buch damit losgeht, dass sie wieder zur Schule gehen und 'normal' sein will. Dinge tun möchte, die Teenager eben so tun. Freunde finden, die erste Liebe erleben, auf Partys gehen. Dass sich dadurch ganz automatisch auch weitere Themen in ihr Leben schleichen ist ganz natürlich und ich finde, dass die Autorin eine angenehme Balance gefunden hat, das ganze zusammenzufügen. Ich jedenfalls hatte nicht das Gefühl, dass es an Thematik zu überladen war, oder chaotisch wurde. Viel eher fand ich es faszinierend, wie Evie sich in ihrem Vorhaben gedanklich verrennt und der Leser selber auch erst viel später merkt, in was für einem Sumpf sie sich gerade befindet und sich unweigerlich fragt, wann sie den gedanklichen Treibsand genau betreten hat. Oder wann genau der Punkt da war, an welchem die Gedanken zu eben jenem Treibsand wurden. Vielleicht ja direkt von Anfang an. Es ist tückisch und gefährlich und diese Gratwanderung wird ebenso gut dargestellt. Teenager sein ist keine einfache Aufgabe, auch für die nicht psychisch Kranken.
Ebenso ist es nicht einfach, gute Freunde zu finden und zu wissen, wem man vertrauen kann und wem nicht. Wer tut einem gut, wer nutzt einen aus. Eine Sache, die herauszufinden ein ganzes Leben dauern kann.

Meiner Meinung nach ist "Spinster Girls - Was ist schon normal?" ein wundervolles Jugendbuch, welches auch für Erwachsene einige interessante Aspekte bereithält. Es hat Humor, Charme und Informationen. Ebenso hat es mich stellenweise tatsächlich zu Tränen gerührt, womit ich tatsächlich nicht gerechnet hatte. Man lacht, man weint, man fiebert mit und man hofft, dass sich Evies Ängste nicht bestätigen mögen.
Und natürlich der Feministen-Einfluss - andernfalls wäre es ja kein Spinster-Club =)

Mein Fazit: Auf jeden Fall lesenswert und unglaublich interessant geschrieben. Ich werde mir die weiteren Bücher ebenso zu Gemüte führen und sie mit Sicherheit genauso genießen, wie dieses hier. Dass es mit den drei Damen aus diesem Buch weitergeht, erfreut mich dabei natürlich umso mehr - habe ich sie doch sehr ins Herz geschlossen.