Morally gray is my favorite color ...

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leselurch Avatar

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Wenn auf einem Buchcover der Name von Merit Niemeitz steht, brauche ich eigentlich keine weiteren Gründe, um die Geschichte unbedingt kennenlernen zu wollen. Denn Merit hat einen feinfühligen, ehrlichen und so klugen Schreibstil, dass sie mich allein durch ihre Worte absolut zu verzaubern weiß. Auch im Auftaktband der “Starling Nights”-Dilogie gab es unzählige Zitate und Textpassagen, die ich mir nicht nur markieren, sondern am liebsten gleich fest in meine Erinnerungen tätowieren lassen wollte.

“Dark Academia” ist mittlerweile zu einem Schlagwort geworden, das auf nahezu jede Geschichte gestempelt wird, die an elitären Universitäten spielt. In “Starling Nights” sind die Dark-Academia-Vibes aber von der ersten bis zur letzten Seite wahrhaftig: Man spürt die Kälte der Steinmauern der Trinity Hall an den eigenen Fingerkuppen und das mysteriöse, fast geisterhafte Flüstern in den Gängen in den Ohren. “Starling Nights” ist atmosphärisch so stark, dass man sich ganz und gar in die Geschichte fallen lassen kann.

Mabel und Cliff unterstützen diese Stimmung mit ihren Persönlichkeiten perfekt. Wissbegierig, nachdenklich und in sich gekehrt, mit einer gesunden Portion Skepsis und einem leichten Hang zur Melancholie: Die Beiden haben sich in Windeseile in mein Herz geschlichen. Cliff, der von Mabel nicht umsonst den Spitznamen Heathcliff bekommt, war dabei mein persönliches Highlight. Wer eine Vorliebe für morally gray Charaktere hat, die eine gewisse Ähnlichkeit zu tragischen Helden englischer Klassiker aufweisen: Ich versprech’s euch, ihr werdet Cliff lieben.

Der Fantasy-Part in “Starling Nights” ist schaurig-schön, ebenso mysteriös wie düster und dabei trotzdem so realistisch in die Geschichte eingewoben, dass es sich fast gar nicht übernatürlich angefühlt hat. Ich habe lange im Dunkeln getappt, was der Bund der Stare wohl zu verheimlichen versucht, und hatte unheimlich viel Spaß dabei, den geheimnisvollen Spuren zu folgen. Dass die Charaktere hier durchaus auch bereit sind, für ihre Prinzipien und Ziele gnadenlose Opfer zu bringen, macht die Geschichte für mich ebenso bittersüß wie authentisch. Aber Achtung: Die Triggerwarnung sollte unbedingt beachtet werden.

Die Geschichte von Mabel und Cliff ist mit diesem Band zwar abgeschlossen, doch die düsteren Geheimnisse um den Bund der Stare lassen nach der letzten Seite so manche Fragen offen. Und auch einzelne Charaktere haben nach den nervenaufreibenden Ereignissen des Finales noch eine eigene Geschichte zu erzählen … Mit “Im Glanz der Ewigkeit” geht es also zurück nach Cambridge - mit einem spannenden Pärchen, alten Bekannten und neuen Mysterien.