galaktisch gut

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loreley Avatar

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Carla Mittmann wabert so durch ihren Alltagstrott, als ein kometenhafter Pflastersteinwurf die bisherige Lebensführung durcheinander wirft. Ein Blick aus dem Fenster offenbart ihr das neue Credo: "Freiheit für Mittmann!" steht auf den Bürgersteig geschrieben. Der Fund von 10.000 $ offeriert neue Möglichkeiten. Doch was ist der neue Lebensentwurf der Teilzeitangestellten im Kundenservice eines Möbelherstellers, die nebenbei als "Cosmic Charly" astrologische Beratungen anbietet?

Carla ist zu Beginn der Geschichte in zwei Halbtagsjobs; sie will sich nicht richtig festlegen und lässt das Leben geschehen, statt es selbstwirksam in die Hand zu nehmen. Für die Veränderung muss erst etwas zerstört werden (in diesem Fall eine Fensterscheibe) und ihr muss plakativ vor Augen geführt werden, was das Schicksal (die Sterne?) mit ihr vorhat, nämlich Freiheit. Die Freiheit zu tun, was man möchte, unabhängig von Vorgesetzten, Universitätsprofessoren oder der Vorstellungen anderer.
Das Grundkapital als Sicherheit für die Existenzgründung muss jedoch erst kosmisch bereit gestellt werden, damit sie den Absprung vom Angestelltenverhältnis in die Selbstständigkeit wagt.
Und so wird Carla Astrophilosophin und verdient ihr Geld als Betrügerin. Dennoch gibt sie den bedürftigen Mitmenschen eine Geschichte, beobachtet und sieht da hin, wo Menschen eben gesehen werden wollen und gibt ihnen mit Pseudogeschwafel ein gutes Gefühl zu. Aber auch Carla profitiert finanziell und auch persönlich davon, gebraucht zu werden.

Wie kann ich diesem Buch weniger als fünf Sterne geben, egal ob astrologische oder literarische? Es ist witzig, klug und sticht in den Nerv einer orientierungslosen und Halt suchenden, Choronageschwächten Gesellschaft. Katja Kullmann gibt sich selbst einen Schlagabtausch, macht sich vielleicht auch ein ganz klein wenig lustig über ihre Romanfigur, trotzdem empfinde ich die Protagonistin als liebevoll-sarkastisch von der Autorin begleitet. Und es ist toll, einer autokraten und unabhängigen, weiblichen Figur in den ansonsten eher faden "Frauenbüchern" zu begegnen.

Ist das jetzt ein Selbstfindungsroman, eine Gesellschaftssatire oder vielleicht sogar ein philosophischer Ansatz, wie man dem Alltagswahnsinn begegnen soll?
Mir egal. Ich mochte es und das genügt. ✨️