Schöne neue Welt

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Stellen Sie sich vor: Sie könnten noch einmal in einen jungen Körper schlüpfen und ein Leben führen, dass Sie mit allen Möglichkeiten konfrontiert, die Sie damals ausgelassen haben - eine Verlockung? In Lissa Price' Roman "Starters" ist das Realität.
Nachdem ein biologisches Kampfmittel die Welt um die mittlere Generation der Väter und Mütter beraubt hat, gibt es nur noch eine in zwei Klassen eingeteilte Welt: Die der Starters, also Kinder und Jugendliche, und die der Enders, Senioren, die teilweise über 150 Jahre alt sind.
In dieser Welt wächst Callie mit ihrem Bruder Tyler auf und ist schon früh auf sich alleine gestellt. Da sie keinen anderen Weg mehr sieht, um an dringend benötigtes Geld zu gelangen, beschließt sie, ihren Körper für reiche Enders zu vermieten. Dies geschieht über die sogenannte Body Bank, in der sich, ähnlich wie bei der Kinofilmreihe Matrix, per Schnittstelle die Enders in den gemieteten Körper der Starters einwählen können und so innerhalb einer begrenzten Dauer das Leben im Körper junger Starter führen können, das sie damals gewollt hatten.
Doch bei einer Vermietung ihres Körpers geht bei Callie etwas schief: Sie erwacht während einer Vermietung in ihrem eigenen Körper und findet sich in das Leben ihrer reichen Enders-Mieterin hineinkatapultiert. Und das Schlimmst an dieser eigentlich per definitionem unmöglichen Situation ist die Tatsache, dass ihre Enders Mieterin offensichtlich in ein Komplott mit tödlichem Ausgang verstrickt ist ...

Es klingt, als hätte Lissac Price ihren Plot für "Starters" aus hunderten unterschiedlichen Sci-Fi-Elementen aus Film und Büchern zusammengeklaut, doch das Ergebnis ist überraschenderweise eine relativ runde Dystopie mit einigen Thrillerelementen, die nicht nur Jugendliche zu fesseln vermag. Bereits das Cover macht Lust auf mehr und wer sich an dem spartanischen Klappentext nicht stört, wird schnell in die Handlung hineingesogen.
In geschickt dosierten Kapiteln erzählt Lissa Price den Auftakt zu der mehrbändigen Serie rund um Callie und ihren Bruder Tyler und überlässt hierbei auch viel der Fantasie des Lesers.
Sie wirft den Leser sofort in die Handlung hinein und Hintergründe, die zur im Buch geschilderten Situation führten, werden teilweise ausgespart oder nur in Andeutungen erzählt. Man muss sich selbst einige Zusammenhänge erschließen, doch leider unterlaufen Price trotz dieser nur fragmentarisch angedeuteten Hintergrundgeschichte einige logische Brüche und Ungereimtheiten, über die man vielleicht hinwegsehen könnte, wenn man bedenkt, dass die Geschichte im Verlag des Piper-Imprints ivi sich an Leser und Leserinnen ab 14 Jahren richtet.

Mit der angepeilten Altersgruppe lassen sich auch manche wirklich sehr an den Haaren herbeigezogenen Wendungen erklären. Die fehlende Tiefe, die ich in "Starters" in manchen Passagen ausgemacht habe, dürfte jüngere Leser wahrscheinlich nicht so stören, doch Erwachsene müssen an manchen Stellen wahrscheinlich doch mit dem Kopf schütteln, wenn ein Protagonist plötzlich wie ein Deus ex Machina agiert, nur damit Callie in ihrem Plan voranschreiten kann. Dies wirkt dann schon von Zeit zu Zeit arg merkwürdig. Manche Personen ändern beispielsweise ihren Standpunkt innerhalb eines Gesprächs bzw. innerhalb von wenigen Seiten fundamental ins Gegenteil und agieren danach unter dieser Prämisse, was bei mir manchmal Verwunderung auslöste.

Stört man sich aber an diesen manchmal arg überzogen erscheinenden Wendungen und Brüchen nicht, so bekommt man mit "Starters" eine packende Jugend-Dystopie vorgesetzt, die zugleich dank des angedeuteten offenen Endes noch viele spannende Anknüpfungspunkte für den in Kürze erscheinenden Nachfolger "Enders" bietet!

Bücher sind wie Schiffe, die das Meer der Zeit durchsegeln (Francis Bacon)