Eine Reise in die Vergangenheit

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kikiwee17 Avatar

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Meistens sind es ja die Geschichten, zu denen man einen persönlichen Bezug hat, die es vermögen in besonderer Weise zu berühren und zu beeindrucken. Meine Großmutter kam, wie die Protagonistin Greta, aus Ostpreußen und musste ebenfalls von dort fliehen. Ich hätte ihr nach dem Lesen des Buches gerne so viele Fragen gestellt...

Klappentext
Der bekannte Kölner Nachrichtenmoderator Tom Monderath macht sich Sorgen um seine 84-jährige Mutter Greta, die immer mehr vergisst. Was anfangs ärgerlich für sein scheinbar so perfektes Leben ist, wird unerwartet zu einem Geschenk. Nach und nach erzählt Greta aus ihrem Leben – von ihrer Kindheit in Ostpreußen, der Flucht vor den russischen Soldaten im eisigen Winter, der Sehnsucht nach dem verschollenen Vater und ihren Erfolgen auf dem Schwarzmarkt in Heidelberg. Als Tom jedoch auf das Foto eines kleinen Mädchens mit dunkler Haut stößt, verstummt Greta. Zum ersten Mal beginnt Tom, sich eingehender mit der Vergangenheit seiner Mutter zu befassen. Nicht nur, um endlich ihre Traurigkeit zu verstehen. Es geht auch um sein eigenes Glück.

Der Roman spielt in zwei Zeitebenen in den Jahren 2015/2016 und zur Zeit des zweiten Weltkriegs bis in die Nachkriegsjahre 1939-1953.
Mit den Kapiteln in der Gegenwart hatte ich anfangs so meine Probleme, weil ich Tom Monderath zuerst hochgradig unsympathisch und nervig fand. Ein arroganter, selbstverliebter und erfolgsverwöhnter Nachrichtensprecher, dem die Demenzerkrankung seiner Mutter Greta eher ungelegen kommt und die er am liebsten ignorieren würde. Zum Glück macht er im Laufe des Buches eine positive Entwicklung durch.
Die Ereignisse aus Gretas Kindheit und Jugend in den Kriegsjahren habe ich mit großem Mitgefühl gelesen. Flucht, Elend, Vertreibung, dazu die Sorge um den verschollenen Vater. Dann ein Neuanfang in Heidelberg, bei dem trotz kleiner Lichtblicke, Hunger und Entbehrungen den Alltag bestimmen. Dort lernt sie auch ihre große Liebe kennen. Die Autorin erinnert hier an ein erschreckendes und dunkles Kapitel der deutschen Geschichte und konnte mich besonders mit dem „Brown Baby Plan“ auf ein Stück Nachkriegsgeschichte aufmerksam machen, von dem ich bisher noch nichts gehört hatte.

Im Buch werden viele Themen angesprochen, trotzdem wirkt es in keinster Weise überladen oder überfrachtet. Rassismus, Entmündigung und Zwangsadoption, die Flüchtlingskrise 2015 und Alzheimer Demenz, um nur ein paar zu nennen. Durch die gründliche Recherche und den Einbau von geschichtlichen Begebenheiten wird die fiktive Erzählung extrem authentisch und glaubwürdig.

Susanne Abels Debüt ist eine bewegende Familiengeschichte, die mich tief berührt hat und mir sicher noch lange im Gedächtnis bleibt.