Heidelberg Greta

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wal.li Avatar

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Der bekannte Fernsehmoderator Tom Monderath lebt gewissermaßen am Anschlag. Eine Nachrichtensendung folgt einer Reportage, ein Treffen mit den Großen der Welt folgt dem Nächsten. Seine Mutter Greta, die bald 85 Jahre wird, kommt dabei etwas zu kurz. Nun allerdings muss sich Tom mehr um sie kümmern, denn ihr Gedächtnis funktioniert nicht mehr so gut und sie beginnt einiges durcheinander zu bringen. Für Tom wird es zwar anstrengend, aber die Situation bietet auch eine Chance. Er lernt seine Mutter ganz anders kennen und er erfährt von ihrem Leben vor ihrer Hochzeit mit seinem Vater.

Wenn die Eltern aus der Generation des zweiten Weltkriegs kommen, diese entweder als Erwachsene, als Jugendliche oder Kinder miterlebt haben, ist es nicht ungewöhnlich, dass sie viel verschweigen. Wie war es im Krieg, auf der Flucht oder danach, als die Deutschen nichts mehr galten und auch zurecht nichts zu sagen hatten? Die nachkommenden Generationen können sich das nicht vorstellen. Erst recht nicht, wenn nichts erzählt wird. Und so ist Tom in einer eher unterkühlten Umgebung aufgewachsen, in der es nicht erstaunt, dass sein Verhältnis zu seiner Mutter zwar liebevoll, aber doch distanziert ist. Durch die Erkrankung seiner Mutter, erfährt Tom von ihrer gefühlvollen Seite und dadurch stürzt auch er in emotionale Turbulenzen.

Mit liebevollen und ungeschönten Worten schildert die Autorin die Auswirkungen der Alzheimer Erkrankung von Greta. Die Erinnerungen an ihre Jugend, die sie eigentlich in sich verschlossen hatte, kommen wieder. Und dadurch erfährt ihr Sohn von ihrer Geschichte, die auch zu seiner Geschichte gehört. Die trübe Stimmung daheim erfährt plötzlich eine Erklärung, mit der Tom nie gerechnet hatte. Auch wenn er sich zunächst innerlich dagegen wehrt, sich um seine Mutter zu kümmern, ist er schließlich doch sehr glücklich, dass er diese Chance bekommt. Gehört man selbst zu der Kinder- oder Enkelgeneration und hat man vielleicht auch bei den eigenen Familienmitgliedern schon Überraschungen oder auch das Schweigen erlebt, kann man sich sehr gut in die Handlung hineinversetzen. Dabei hat Gretas Geschichte noch einen besonderen Pfiff und eine besondere Tragik. Nach und nach zieht einen die Handlung in ihren Bann und Gretas Schicksal berührt sehr. Ein toller Generationenroman über einen Teil der Geschichte, der viel mehr Aufmerksamkeit verdient hätte.