Schwieriges Thema berührend erzählt

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nicky_g Avatar

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Greta ist 84 Jahre alt und lebt in Köln. In letzter Zeit passieren ihr ab und an kleinere Missgeschicke, die sie aber gekonnt vor ihrem Sohn Tom, einem bekannten Nachrichtensprecher im Fernsehen, überspielen kann. Bis zu dem Abend, an dem sie ihn besuchen will und 250km entfernt in einem Krankenhaus landet und sich nicht erinnern kann, wie sie dorthin gekommen ist.

Tom will erst nicht wahrhaben, dass sie dement sein könnte, aber als sich ihr Zustand verschlechtert und sie die Vergangenheit immer mehr mit der Gegenwart vermischt, lässt es sich nicht mehr leugnen. Dabei kommt eine Geschichte zutage, die Tom eine völlig andere Frau zeigt, als er seine Mutter je kennengelernt hat.

Der Leser wird dabei auf eine Reise in die Vergangenheit mitgenommen. Die Beschreibungen, was Greta als Kind während des zweiten Weltkriegs erlebt, sind zwar kurz gehalten, vermitteln aber dennoch einen guten Überblick über die damalige Zeit und wie man sich als junges Mädchen gefühlt haben mag: die Verehrung von Hitler und die Freude über den Krieg und wie sich die Erwachsenen verändern mit den Jahren. Das Begreifen, dass doch nicht alles so toll ist. Der vermisste Vater, der nur einmal in all den Jahren kurz auf Heimaturlaub war und erfrorene Füße hatte.

Manchmal bekommt man zwar das Gefühl, dass die Autorin alle Aspekte und Verhaltensweisen in eine Familie packen wollte, aber das gibt ein umfangreiches Panorama, auch über ein Thema, über das bisher nicht viel erzählt wurde.

Behutsam werden die Szenen erzählt, in denen Greta mehr und mehr die Kontrolle verliert und dann trifft es einen wie einen Hammerschlag. Das sind alltägliche Probleme, die jeder mit Eltern kennt, die unter einer ähnlichen Krankheit wie Greta leiden. Die Sprache dazu ist locker, als würde man einer Freundin oder einem Freund zuhören, die/der aus ihrem/seinem Leben erzählt.

Sehr schön sind die zahlreichen regionalen Anmerkungen und Szenerien. Das vermittelt eine natürlichen und fassbare Umgebung. Auch die Verknüpfungen zwischen der Vergangenheit und den aktuellen Ereignissen sind gut gemacht und gleiten ineinander über.

Susanne Abel erzählt einfühlsam und berührend, ohne dabei kitschig zu werden. „Stay away from Gretchen“ ist ein Buch, das in einem selber lange nachwirkt.