Stella Menzel und der goldene Faden

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lunamonique Avatar

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Ein Familienerbstück steckt voller Erinnerungen, kleiner Geschichten über den, der es getragen hat. Liegt der Wert nicht genau darin? Es müssen keine Juwelen sein, um Erinnerungen aufleben zu lassen. Ein hübsch und bedeutsam bestickter Wandteppich, aus dem eine Decke wurde und noch vieles Andere, kann viel mehr berühren. Stella und Mats spielen mit der Decke über ihren Köpfen im Garten. Zwei Schäferhunde tauchen auf, und bald ist von der schönen Decke nicht mehr viel übrig. Oma Josephine lässt sich von ihrer Tochter Isabel nicht abbringen, aus der Decke, die Stella liebevoll „Schneestern“ nennt, etwas Neues zu nähen. Stella ist über das Kleid anfangs sehr überrascht. Als sie erfährt, was allein die kleinen Flecke in dem Stoff aussagen, will sie gleich die ganze Geschichte hören.

Die rothaarige, energiegeladene Stella und ihre Freund Mats, der sie immer Rottopf nennt, sind nur zwei der sympathischen Charaktere. Großmutter Josephine weiß die Magie des Zauberstoffes zu vermitteln. Die Zauberei liegt allein in den vielen lieb gewonnenen Erinnerungen und Geschichten. Isabel steht dem Erbstück skeptisch gegenüber. Es leidet immer mehr unter der Zeit, die vergeht und dem ein oder anderem Malheur, das geschieht. Autorin Holly-Jane Rahlens erzählt in „Stella Menzel und der goldene Faden“ auf ungewöhnliche Weise von Familienzusammenhalt und inniger Verbundenheit. Immer wieder lehnt sich Isabel gegen die neue Verwendung des Erbstücks auf, bis auch sie versteht, was sich alles in einem Stück Stoff verbergen kann. Die Wiederholung der Szene auf abgeänderte Weise wirkt zeitweise etwas störend. Dabei will die gleiche Formulierung nur Isabels Widerstand und Uneinsichtigkeit unterstreichen. Nicht nur Josephines Erzählung fesselt, auch Stellas Leben ist sehr unterhaltsam. Ihr passieren Missgeschicke, die Freundschaft zu Mats wird auf eine harte Probe gestellt und die Eltern haben ziemlich viel mit ihrer Tochter um die Ohren. Vater Mikhails Kommentare auf Russisch sind sehr amüsant. Statt sich die Haare zur raufen, nimmt er alles mit Humor. „Stella Menzel und der goldene Faden“ verströmt einen besonderen Charme. Das liegt nicht nur an der warmherzigen Geschichte, sondern auch an der sehr gelungenen Buchgestaltung. Die Sterne von Stellas Zauberstoff finden such auf dem Cover und auf den ersten und letzten beiden Seiten des Buches wieder. Es sieht aus wie ein wunderschöner Nachthimmel. Das Senfgelb des Covers passt wunderbar zum Blau. Der Titel ist in auffälligem Goldton geschrieben. Eine besondere Atmosphäre verbreiten die stimmungsvollen Illustrationen von Reinhard Michl. Sie zeigen Bilder aus der Vergangenheit und Stationen aus Stellas Leben. Die Zeichnung auf dem Cover zeigt Stella auf dem Jahrmarkt vorm Riesenrad. Alle Illustrationen haben genauso etwas Zauberhaftes wie die Geschichte. Der Lesefaden symbolisiert den goldenen Faden, der alles zusammenhält. Am Ende oder Anfang jeder Seite schlängelt sich der goldene Faden durch das gesamte Buch. Für Groß und Klein ist „Stella Menzel und der goldene Faden“ ein echter Schatz.

Am Ende des Buches erfährt man aus der Anmerkung der Autorin die Inspiration zur Geschichte. Ein sehr interessantes Extra, das man wirklich erst zum Schluss lesen sollte. So bleiben Phantasie und Vorstellungskraft erhalten. „Stella Menzel und der goldene Faden“ eignet sich hervorragend zum Vorlesen. Die Geschichte bleibt im Gedächtnis und lässt einen vielleicht die eigene Familie mit anderen Augen sehen. Jeder hat seine Ecken und Kanten, kleinen und großen Macken, bleibt dabei aber auf seine eigene Art liebenswert. Am Ende des Buches kann man die Familienbande von Stella und ihren Verwandten anhand einer Skizze, ähnlich wie ein Lebensbaum, nach verfolgen. St. Petersburg – Berlin – New York – Berlin. Mehr wird nicht verraten.