Packende Dystopie

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
jazebel Avatar

Von

Ich lese gern Dystopien. Was mich aber manchmal stört: der aktuelle Trend wirklich jeden Roman mit hauptsächlich Teenagern oder Jungerwachsenen als Protagonisten zu bestücken. Mit Sterbewohl gibt es endlich wieder eine packende Dystopie ohne junge Protagonisten.

Die vier Freunde Nadja, Anna, Max und Fred sind vor Kurzem 65 geworden. In ihrem Deutscchland der Zukunft ist alles gnadenlos auf Marktwirtschaft und Effizienz getrimmt und so ist Nadja froh, endlich pensioniert zu sein. Sie will mit ihren Freunden eine Alters-WG gründen und viel reisen.

Doch da flattert ihr und ihren Freunden ein Brief ins Haus. Sie sind eingeladen an einem Sterbeseminar teilzunehmen. Das Seminar soll ihnen die Vorzüge des Medikaments 'Sterbewohl' erläutern, einer Pille die schnell und schmerzlos den Tod bringt und so die Menschen vor Vereinsamung, Gebrechlichkeit und Pflegebedürftigkeit im Alter schützt. Das Seminar ist Pflicht, die Einnahme freiwillig.

Mit einem unguten Gefühl fahren die vier Freunde in dass Luxushotel an der Nordsee, denn sie kennen niemanden, der von dort jemals zurückkam.

Mir hat dieser Roman sehr gut gefallen, ich würde ihn aber eher als Dystopie mit Thrillerelementen sehen, nicht als Kriminalroman, wie auf dem Cover angegeben.

Das Cover passt mit dem Design einer Tablettenschachtel hervorragend zum Thema.

Die vier Protagonisten haben ein bisschen was von einer Rentner-Variante von TKKG, was manchmal zu humoresken Situationen führt. Trotzdem sind diese Lichtblicke wohldosiert und es fehlt nicht an Spannung und Thrill. Einige Szenen sind sogar regelrecht grausam, fügen sich aber logisch und konsequent in die Handlung ein.

Besonders gelungen finde ich, dass die Geschichte wirklich sinnvoll auserzählt ist auf nur 220 Seiten und man nicht das Gefühl hat, die Geschichte wäre zu kurz.

Über das reine Lesevergnügen hinaus ist es ein Buch zum Nachdenken, darüber wie man selbst alt werden möchte, wie man für sich ein gutes und lebenswertes Leben definiert und ob die eigene Defintion wirklich eine Berechtigung hat, allgemeingültig zu sein.