Solider Roman mit Gänsehautelementen

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Wer das Cover von Sterbewohl sieht, wird mit einem schwarzhumorigen Krimi rechnen. Auch der Untertitel trägt nicht eben dazu bei, den Leser auf den Inhalt des Buchs vorzubereiten.

Denn das Thema ist so zynisch wie verstörend, weil es durchaus vorstellbar ist: In einer Bundesrepublik, die zu einer diktatorischen Scheinrepublik heruntergekommen ist, werden alle Bewohner ausschließlich nach ihrem Nutzen für die Allgemeinheit beurteilt.

Einen Rentner, Arbeitslosen oder Schwerkranken lange und teuer durchzufüttern oder gar zu pflegen, kommt nicht in Frage. Stattdessen wird dieser Personengruppe ein Aufenthalt in einem Wellnesshotel ermöglicht, in dem sie die todbringende Pille "Sterbewohl" einnehmen soll.

Die Protagonistin Nadja berichtet - verstörend sachlich - über die geänderten Lebensbedingungen in Deutschland. Sie ist 65 Jahre alt, freut sich auf den Ruhestand und lebt mit drei etwa gleichaltrigen Freunden in einer WG. Unerwartet früh werden sie zu einem Sterbeseminar in ein Hotel auf Fehmarn eingeladen. Man sagt, dass keiner von einem solchen Seminar zurückkehrt, obwohl die Regierung immer wieder die Freiwilligkeit betont.
Besorgt bitten die vier Senioren die Journalistin Marwa, sie nach Fehmarn zu begleiten und dort zu dokumentieren, wie freiwillig das Sterben am Ende eines solchen Seminars denn nun wirklich ist. Nun nimmt der Krimi seinen Lauf.

Das Szenario ist - insbesondere angesichts der unfassbaren Schulden, die die Bundesregierung aktuell für Coronahilfen aufnimmt - so nah an der Realität, dass mir beim Lesen manchmal der Atem stockt. Da wird Senioren Angst vor Bettlägerigkeit, Demenz und Siechtum gemacht, die sie durch die Einnahme der Todespille umgehen können. Da wird n ihre Vernunft appelliert, dem Staat nicht länger auf der Tasche liegen zu wollen. Warum kommen mir einige dieser Töne nur so bekannt vor???

Warum ich keine 5 Sterne gebe?
1.) Die Autorin = Verlegerin hat am falschen Ende gespart. Ein gründlicheres Lektorat hätte etliche der Tipp-, Rechtschreibungs- und Zeichensetzungsfehler geholfen.
2.) Mitunter fehlen Tiefgang, Details und komplexere Verflechtungen.
3.) Das Ende ist zu leicht aufgelöst und lässt mich als Leserin etwas unbefriedigt zurück.