Stern der Göttin

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joseyra Avatar

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Stern der Göttin- Mehr als ein Stern aber auch nicht.


Werwölfe, Vampire, Dämonen und Engel. Dies ist der Anblick, der sich einem hauptsächlich bietet, wenn man die Fantasyabteilung in einer Buchhandlung betritt. Das Genre ist zunehmend mit diesen Fabelwesen überfüllt, weil zahlreiche Autoren auf den Zug von „Twilight“ und Co aufspringen und sich so einen ähnlichen Erfolg erhoffen.
Alternativen und innovative Ideen gibt es da wenige. Nur selten findet man etwas, was nicht völlig abgekupfert beziehungsweise mehr oder minder schlecht umgesetzt ist. Sandra Melli wagt es jedoch mit ihrem Roman „Stern der Göttin“ ihre eigene Welt zu erschaffen. Ob es ihrem Werk auch gelingt, mit seinen Ideen und deren Ausführungen zu überzeugen, ist jedoch fraglich.

Die Katzenfrau Laisa wächst als Findelkind unter etwas kürzer geratenen Ausgaben ihrer selbst auf. Schon immer träumt sie davon, außerhalb ihres Heimatdorfes als Wächterin einer Handelskarawane die Welt zu sehen und dabei ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Durch eine geheimnisvolle Fremde wird ihr überraschenderweise das Glück zu Teil, ihren Traum in Erfüllung gehen zu lassen. Als sie jedoch kurz nach der Abreise auf einer unvorschriftsmäßigen Tour durch die Wälder ein sternförmiges Artefakt berührt, findet sie sich plötzlich in einer völlig neuen Welt wieder.
Eine Welt voller Farben, magischen Wesen und Vorurteilen unter unterschiedlichsten Völkern offenbart ihr ein Abenteuer, das sie sich wohl nie erträumt hätte. Denn sie hat eine Bestimmung zu erfüllen…


Bereits beim Schmökern der ersten zwei Kapitel wird der Leser in einen Sumpf von Namen und Bezeichnungen geworfen, die ihm keinen schnellen Einstieg in das Geschehen ermöglichen. Schön und gut, dass sich das Autorenpaar, welches sich hinter dem Pseudonym „Sandra Melli“ versteckt, neue Namen und Begriffe, eben eine ganz neue Welt, ausdenken wollten, aber teilweise scheinen die Buchstaben schlichtweg in einen Topf geworfen worden zu sein.
Schütteln. Auskippen. Fertig.
Aber das ist nicht das einzige Manko an diesem Buch, wenn nicht zu sagen lediglich ein kleiner. Schließlich sieht man daran, da es so viele Neue Namen und Wesen gibt, dass die Autoren sich Gedanken gemacht haben. Nur leider an der falschen Stelle. Denn neben einer wortwörtlich farbprächtigen, fulminanten Welt, bleiben die Charaktere völlig auf der Strecke. Der Grund dafür ist das Fehlen von Schilderungen der Gefühle, was den Aufbau von Sympathien beinahe gänzlich unmöglich macht.
Besonders die Protagonistin, Laisa, wirkt unlebendig und aufgesetzt. Nicht nur, dass sie schon zu Anfang durchweg als besser, größer, schneller, begabter und überhaupt ihren gegenüber ihren Mitkatzen als überlegen dargestellt wird. Auch im weiteren Verlauf des Buches trifft man immer wieder auf Passagen, bei denen man sich fragt, ob die Autoren die Liste mit den Sachen, die sie nicht kann, beim Schreiben irgendwo untergekramt hätten.
Es erschließt sich einem nun einmal nicht, wenn von einer „Kampfbestie“ die Rede ist, die es angeblich gegen ein dutzend ausgebildete Krieger aufnehmen kann, diese aber mal eben so von Laisa beinahe im Alleingang getötet werden kann. Ganz ehrlich, dem Vieh die Augen auszukratzen und dann auf den Bauch loszugehen, der schlechter gepanzert ist, wäre selbst ein Normalsterblicher gekommen. Und da will mir Frau Melli allen Ernstes weismachen, dass ein dutzend Krieger nicht auf eine solche Idee gekommen sind? Oder dass Laisa dabei noch nicht einmal eine Schramme davonträgt? Da kann man doch nur noch den Kopf schütteln.
Das schlimme daran ist, dass sich solche Stellen durch das komplette Buch ziehen. Immer wieder wird dem Mensch eine Super-Laisa vorgesetzt, die augenscheinlich sogar gegen jahrhundertealte, ausgebildete und sehr erfahrene Magier bestehen kann.
Aber nicht nur was Laisa betrifft, habe ich an manchen Stellen gestockt. Als Beispiel das Problem mit dem Thronerben Punji. Der will nach dem Tod seines Vaters natürlich den Thron besteigen, General Waihe will das jedoch verhindern und sich an seiner Stelle zum König krönen lassen. Bemerkt sei hierbei, dass der Thronerbe noch ein kleiner Bengel ist und Waihe erfolgreich in der Kriegsführung zu sein scheint. Was in Anbetracht der Tatsache des ständig andauernden Zwistes zwischen den Farbenvölkern, in meinen Augen einen bedeutungsvollen Aspekt darstellt. Jedenfalls wird Punji von Waihes Männern verfolgt und Laisa kommt diesem dann zur Hilfe. Was sich mir hierbei nicht erschließt, ist die Tatsache, dass es doch unbeschreiblich intelligenter wäre, diesen Waihe an die Macht zu lassen, als diesen kleinen Burschen. Was nützt es dem Volk, einen Jungen auf dem Thron sitzen zu haben, der zwar erblich bedingt im Recht ist, jedoch kaum einen Schimmer von Regierung und Kriegsführung hat? Warum, um Himmels Willen, ziehen selbst die Priester diesen dem General vor, obwohl sie doch aufgrund ihres Alters wenigstens ein bisschen Erfahrung und Weisheit mitbringen dürften? Solche Dinge stören mich. Nur weil es dies in Vergangenheit gegeben hat, muss das nicht noch unzählige weitere Male wiederholt werden. Hier wäre mal eine neue Denkweise angebracht.
Als nächsten Punkt wäre da noch die allgemeine Gestaltung der Charaktere. Ich hätte mir mehr Vielschichtigkeit gewünscht, oftmals scheinen sie noch nicht einmal wirklich glaubwürdig. Das beginnt schon damit, dass Laisa in die neue Welt kommt. Das erste Mal in ihrem Leben völlig allein denkt sie einmal kurz an ihre Zieheltern und kommt sofort zu der Ansicht, dass es eben so sei und wie aufregend ihr neues Abenteuer doch jetzt werde.
Sicherlich.
 Jemand wie sie, der sich zwar nie hundertprozentig zu einer Gemeinschaft zugehörig gefühlt hat, sollte doch trotzdem so etwas wie Trennungsschmerz spüren. Das Herz krampft sich zusammen, man spürt ein Ziehen in der Brust, weil man seine (Zieh-) Familie vermisst, gegebenenfalls verdrückt man auch mal eine Träne. Zugegebenermaßen, letzteres traut man Laisa, die sowieso manchmal etwas stumpf anmutet, nicht zu, aber trotzdem verschwendet man doch garantiert mehr als zwei Gedanken an seine Familie! Wo bleiben da die Gefühle? Wie soll der Leser sich in die Protagonisten hineinversetzen, wenn sie nichts von emotionaler Bewegung zeigen? Auf diese Weise machen die Autoren es einem praktisch unmöglich, eine gute Beziehung zu den Figuren aufzubauen. Das stellt in meinen Augen den größten Makel dar. Denn eine Idee kann noch so originell und bahnbrechend sein, ein Plot noch so genial, es wird niemals wirklich gut sein, wenn man mit den Handlungsträgern nicht mitfühlen kann.
Was dagegen jedoch wirklich löblich an dem Buch zu bemerken sei, ist das ausführliche Glossar am Anhang, dass leider auch bitter nötig ist, da man durch bereits genannte Aspekte schnell den Überblick verliert. Allerdings finde ich die Größenangaben bei den Beschreibungen der Farbenvölker etwas lächerlich. Es ist wohl kaum möglich, dass alle Angehörigen eines ganzen Volkes dieselbe Größe haben.
Ausnahmslos schön gestaltet ist allerdings die Karte im vorderen Teil des Buches, was man meiner Meinung nach nicht ebenso wohlwollend auf das Cover übertragen kann. Das Bild scheint zum Einen sehr verpixelt, außerdem erweckt es doch zunächst eine völlig falsche Vorstellung von den Katzenmenschen. Denn entgegen der Darstellung sind diese am ganzen Körper behaart und haben auch eher einen kätzischen Kopf, sowie Stummelfinger, über denen ausfahrbare Krallen liegen.

Alles in allem sind meine Erwartungen an das Autorenpaar enttäuscht worden, denn ich hatte mir aufgrund einer Vorahnung, was deren Identität angeht, deutlich mehr von dem Buch versprochen. Sprachlich und was die Gestaltung des Fantasywelts angeht, kann dieses zwar überzeugen, aber die Protagonisten bleiben zu unscheinbar und emotionslos, während Handlung sowie Plot doch sehr konstruiert und vorhersehbar wirken. Der Roman vermag es nicht zu fesseln und den Leser mitzureißen, es gibt auch keine sonderliche Persönlichkeitsentwicklung bei den Charakteren.
Somit kann man entweder bei der Fortsetzung auf eine Steigerung hoffen oder lässt lieber die Finger davon, denn diesen Roman kann ich bedauerlicherweise nicht als empfehlenswert einstufen.