Spannende Unterhaltung

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Nach „Eisige Schwestern“ legt S.K. Tremayne erneut einen gruseligen Mysterythriller vor, der den Leser lange Zeit im Unklaren lässt. Geschickt spielt er mit verschiedenen Perspektiven und so weiß man nicht, ob man den persönlichen Gedankengängen Rachels mehr vertrauen kann als der nüchternen, auktorialen Sicht Davids. Rachel hat hierbei jedoch den größten Anteil und nach und nach tauchen immer mehr Geheimnisse aus ihrer eigenen Vergangenheit auf, während sie versucht, die Geheimnisse der Familie Kerthen zu ergründen. Denn sie ist sich sicher: Mit dem vor Glückseligkeit triefenden Familienfoto, auf dem Jamie noch ein Neugeborenes ist, stimmt etwas nicht.

Eingebettet ist die packende Geschichte, bei der man oft Wahnsinn nicht von Realität unterscheiden kann, in die wilde, raue Landschaft der Küsten Cornwalls, wo noch bis ins 20ste Jahrhundert in den Bergwerken Kupfer und Zinn abgebaut wurde. Ganz nebenbei erfährt der Leser so über die Zeiten des Bergbaus und seines Einflusses auf die Region, ohne dabei zu sehr ins Detail zu gehen oder gar zu langweilen. So verwebt der Autor die Geschichte der Landschaft mit der Familiengeschichte einer derer Familien, die aus dem Elend der Bergarbeiter Profit gezogen haben und zu großem Reichtum gekommen sind, zu einem großen Ganzen und ermöglicht damit eine atmosphärische Stimmung, die sich durch das ganze Buch zieht. Mal ist es die Schönheit der kornischen Landschaft, dann wieder das Unheil, das über der Familie liegt. Mal das nicht enden wollende Schneetreiben, mal die unheimliche Kulisse des Bergwerkes, das vom Fenster aus zu sehen ist und das Erinnerungen an das Leiden der Bevölkerung weckt.

Doch im Vordergrund stehen natürlich Rachel, die schon bald nicht mehr weiß, ob sie dem Wahnsinn verfällt, und Jamie, dieses verletzliche Kind, welches Rachel um jeden Preis der Welt schützen möchte. Der Roman beginnt eher ruhig, aber stark, so dass man unbedingt weiterlesen möchte. Doch schnell zieht das Tempo an und die Spannung steigt. Zwischenzeitlich gerät die Story in langsamere Fahrwasser, wo man nicht mehr weiß, wohin das Ganze führen soll und alles etwas wirr wird. Auch wenn es weiterhin spannend bleibt, so wird es doch zeitweilig ermüdend, Rachels wirren Gedankengängen zu folgen. Doch der Countdown bis zum ersten Weihnachtstag läuft unerbittlich und der Showdown, in dem Rachel schlagartig klar wird, wie alles zusammen hängt, entschädigt für die kleinen Durststrecken.

Zeitweilig, wenn Rachel in dem großen, leeren Haus auf den Spuren Ninas wandelt und das Gefühl hat, niemals allem gerecht werden zu können, erinnerte mich der Roman an „Rebecca“ von Daphne du Maurier. Nina hat dem Haus ihren Stempel aufgedrückt und ihre Anwesenheit ist überall zu spüren. Einige Parallelen sind zwar nur ansatzweise vorhanden, aber nicht von der Hand zu weisen.

Ein spannender Mysterythriller, der Familiengeheimnisse mit der Geschichte Cornwalls geschickt verwebt und für ein kurzweiliges Lesevergnügen sorgt.

(c) Tintenhain