Verwirrung stiftende Vorahnungen

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lesemöwe Avatar

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Der als Psychothriller gekennzeichnete Romans "Stiefkind" vom englischen Bestsellerautor S.K. Tremayne präsentiert eine zunächst noch wenig thrillerhafte Einleitung: Die Ich-Erzählerin Rachel Daly, die sich selbst als reslout und feministisch denkend bezeichnet (vgl. Seite 11), ist zu ihrem Mann David, den sie vor kurzem geheiratet hat, seiner Mutter und seinem Sohn in ein großes Haus in Cornwall gezogen. Sie ist noch nicht ganz dort angekommen, sondern versucht sich einzuleben. Davids Mutter Juliet scheint ihr wohlgesonnen. Von dem Verhältnis zu ihrem Stiefsohn Jamie erfährt man noch nichts.
Insofern könnte dder Romanbeginn auch zu einem ganz normalen Frauenroman gehören.... wären da nicht schon gewisse Vorausdeutungen oder Vorahnungen´, die atmosphärisch ein anderes Bild zeichnen: " Selbst an einem wolkenlosen Junitag wie heute wirken die Überreste von Morvellan (= eine Mine) seltsam traurig, vage vorwurfsvoll. Als wollten sie mir etwas erzählen, scheiterten aber an dem Versuch. Sie bleiben auf beredte Weise stumm. Geräusche macht nur der Atlantik; tosende Wellen, die mit den Gezeiten über die Stollen dahinjagen." (Seite 9) . Auch die Ich-Erzählerin hat nicht nur positive Gefühle: "Ich folge ihr um den Westflügel herum zur Nordseite des Hauses. In der Ferne glänzt silbern die See im Sonnenlicht. Die Bergwerksgebäude hoch auf den Klippen rücken in unser Gesichtsfeld. Ich rede weiter über das Haus, versuche, Juliet – und vielleicht auch mich selbst – davon zu überzeugen, dass ich voller Optimismus bin." (Seite 20 f.), auch wenn sie das zunächst versucht, weiszumachen. Und die Legende, die sich um das Haus und die Mine rankt , in dem sie nun lebt, hinterlässt ein beunruhigendes Gefühl: "Strammen Schrittes umrundet sie die nordwestliche Ecke des Hauses. Und ich, dankbar für die freundschaftliche Geste und die Ablenkung, folge ihr. Denn ihre Geschichte beunruhigt mich in einem Maße, das ich mir selbst nicht erklären kann.Am Ende ist es doch nur ein Histörchen über die alte Familie, die so viel Wohlstand anhäufen konnte, indem sie junge Männer in die Minen hinunterschickte. Wo die Stollen bis unters Meer reichen." (Seite 22).
Der Stiefsohn, durch den andeutenden Titel eine der zentralen Figuren des Romans, ist ein lieber, netter Junge, der aber seltsame Dinge vorauszusehen scheint und glaubt, dass seine verstorbene Mutter, deren Leichnam man nie gefunden hat, wiederkommen wird. Sein Vater arbeitet die meiste Zeit weit entfernt in London, sodass sie viel alleine ist.Es passieren weitere seltsame Dinge, sodass Rachel versucht, herauszufinden, was in der Vergangenheit passiert ist. Und je näher Weihnachten rückt, desto mehr überschlagen sich die Dinge.....
... und am Ende weiß man nicht mehr, ob man der Ich-Erzählerin wirklich glauben kann und auf ihrer Seite steht.
Der Leser fragt sich also fast bis zur letzten Seite, was hinter all dem steckt und die Spannung bleibt erhalten.
Kritikpunkt an dem Roman ist, aber das man subjektiv sein, dass man am Ende das Gefühl, hat, dass rückwirkend nicht alle Merkwürdigkeiten plausibel erklärt werden, und der ganze Plot wirt etwas konstruiert wirkt.