Racheroman

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cynthiam Avatar

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„Stigma“ fällt direkt durch das dunkle, unheimliche Cover mit dem gelben Schriftzug auf. Ich finde das springt direkt ins Auge und macht neugierig. Was ich toll fand und zum ersten Mal bei einem Thriller gesehen habe, ist die Triggerwarnung am Anfang des Buches. Mag man bei einem Thriller überflüssig finden, ich fand sie aufgrund der Thematik sehr angebracht. Beim Lesen habe ich festgestellt, dass ich mich das Buch sehr stark an einen anderen Thriller erinnert, den ich kürzlich gelesen habe und der sich mit einem ähnlichen Thema beschäftigt. Klar, neue Themen fallen nicht vom Himmel, aber sowas hinterlässt immer einen faden Beigeschmack bei mir.

Zum Inhalt: eine entstellte Männerleiche in Hamburg. Dem Opfer wurden die Augen entfernt und neben dem Körper drapiert. Ein Mafiaritual? Die Ermittler Jagoda Milosevic und Vincent Frey tappen im Dunkeln. Als eine zweite Leiche gefunden wird, der die Ohren entfernt wurden, geht man von einem Serientäter aus. Die Ermittlungen führen die Polizei in einen Strudel aus sexualisierter Gewalt gegen Frauen und doch scheint es keinen Verdächtigen zu geben, der alle Opfer kannte. Gleichzeitig beginnt Jagoda Drohungen des unbekannten Täters zu bekommen.

Zuerst einmal: das Buch ist keine leichte Kost. Neben den Abschnitten, die die Ermittlungen aus Sicht von Milo schildern, werden immer wieder Zwischenkapitel eingestreut, die sich als Rückblenden um verschiedene, namentlich genannte Frauen drehen, die sexuelle Übergriffe und Gewalt erfahren. Beim Lesen dieser Abschnitte ist mir regelrecht schlecht geworden. Nicht weil ich so zart besaitet bin, sondern weil mich diese Selbstverständlichkeit, mit der die Täter vorgehen, einfach krank und wütend macht. Diese Kapitel gehen echt unter die Haut und waren für mich gleichzeitig das schlimmste und beste an diesem Buch.

In der Buchbeschreibung findet sich die Widmung „Für alle, die es leid sind, immer wieder dieselbe Geschichte über ermordete Frauen zu lesen: Dieses Buch ist für Euch.“ und genauso wird diese Geschichte erzählt. Dieses Buch ist für mich ein Racheroman, quasi ein Aufruf, sich gegen die Peiniger zu stellen und ihnen ihre Taten zu vergelten, wo das Justizsystem versagt- immer noch ein brandaktuelles Thema! In diesem Buch werden Monster zu Opfern.
Es gab ein paar Wendungen innerhalb der Geschichte, mit denen ich nicht gerechnet habe, aber insgesamt fand ich die Geschichte ca. ab der Hälfte etwas vorhersehbar. Da stoßen auch die Ermittler auf entscheidende Hinweise, können sie nur noch nicht mit den Taten verknüpfen. Die Ermittler selbst sind ziemlich blass geblieben, Vincent ist sehr eindimensional dargestellt, im Zentrum steht ganz klar Milo. Männerfiguren scheinen in diesem Buch allgemein nur Mittel zum Zweck zu sein, alle Schlüsselpositionen sind mit Frauen besetzt, sowohl im Ermittlerteam, als auch in Milos Umfeld.

Ich muss sagen, dass das Spannungslevel für meinen Geschmack noch ausbaufähig war, die Ermittlungen kommen lange nicht so recht in Gang. Erst auf den letzten Seiten kam für mich atemlose Spannung auf und da ward er Fall dann auch schon gelöst. Insgesamt solide, konnte mich aber nicht mitreißen.