Berauschend

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sofie Avatar

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Bisher kannte ich den Autor Thomas Raab durch seine Metzger-Reihe, die mir sehr gut gefällt. Auch darin wird schon sein wunderbarer Umgang mit der Sprache deutlich, dort allerdings mit viel Humor und viel gut platziertem Dialekt.
„Still“ wird zwar auch dem Krimigenre zugeordnet, ist aber ganz anders. Der Klappentext spricht von einem „berauschendem Leseerlebnis“ und dem kann ich mich nur anschließen. Und auch der Untertitel „Chronik eines Mörders“ trifft es genau, denn das Leben des Protagonisten Karl Heidemann wird in allen Etappen geschildert – von den Leben seiner Eltern, ihrer Begegnung, seiner Geburt bis hin an sein Lebensende. Und es ist ein ungewöhnliches und auch brutales Leben – auf der Suche nach Stille.
Raab verwendet eine klare, prägnante Sprache. In wenigen Worten beschwört er eine Stimmung und eine Situation, ja ein ganzes Leben herauf. Ich finde immer, ein guter Schreibstil lässt sich daran messen, dass jedes weggelassene Wort fehlen würde, und jedes hinzugenommen wäre zu viel. Und genau so ist es hier. „Bald kannte Karl die Abgründe seiner Mitmenschen, wusste von gespielter Freundlich- und gelebter Herzlosigkeit, wusste von öffentlichen Heiligen und privaten Tyrannen, wusste von offenbarter Gleichgültigkeit und heimlicher Liebe.“ (S. 99)
Es gibt einige Elemente eines klassischen Krimis – mehrere Morde, einen ermittelnden Kommissar – aber ein klassischer Krimi ist „Still“ trotzdem nicht. Es werden vor allem die Hintergründe und Beweggründe des Mörders ergründet und beschrieben.
Ich bin auf jeden Fall hin und weg und freue mich auf weitere solche Romane von Thomas Raab. 5 von 5 Sternen.