Verstörend

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Karl Heidemann hat eine unheimliche Gabe (oder Fluch?), ein unglaublich sensibles Gehör. Dadurch wird ihm das alltägliche Leben zur Qual, nicht auszuhalten der Lärm, der ihn umgibt. Schließlich verbringt er seine frühe Kindheit im Keller seines Elternhauses, abgeschottet von der Außenwelt. Doch dann lernt er am Weiher seines Heimatortes den Tod kennen - und lieben. Nie zuvor hat er etwas vergleichbar Stilles und Friedvolles gesehen. Und so steigt er seiner Unterwelt empor und versucht, den Menschen diesen wunderbaren Frieden zu bringen - mit schrecklichen Folgen.
Der Autor Thomas Raab hat hier ein besonderes Buch geschrieben, ganz anders als seine Metzger-Romane. Es ist sehr einfühlsam, lässt den Leser in die Psyche dieses Massenmörders blicken, mit der Folge, dass man sein Handel teilweise nachvollziehen kann. Der Schreibstil ist nicht ganz einfach zu lesen, in vielen Sätzen fehlen einfach die Prädikate. Mir gab diese Schreibweise das Gefühl, dass diese Geschichte sich weiter in der Vergangenheit abspielt, als es der Fall ist. Schließlich beginnt sie in den 1980er Jahren, was noch nicht allzu lange her ist. Und doch ist es ein fesselndes Buch, das man nur schwer zur Seite legen kann, das Schicksal der Hauptfigur ist spannend beschrieben und der Leser leidet oft mit ihm. Wie sich das Leben im kleinen Ort Jettenbrunn abspielt, ist ebenfalls sehr nachvollziehbar geschildert, Menschen, die in kleinen Dörfern leben, können das wahrscheinlich bestätigen. Die Atmosphäre ist durchgehend eher düster, dem Treiben und den Gefühlen Karls angepasst. Es ist wirklich bemerkenswert, was dieser Autor mit seiner Sprache erreicht!
Ganz besonders positiv möchte ich noch das Cover und den Titel hervorheben, ich habe selten gesehen, dass Cover, Titel und Inhalt so gut zusammen passen. Ich kann dieses Buch allen empfehlen, die auch mal etwas Anderes als die inflationären Thriller lesen wollen.