Rasanter Thriller mit cooler Handlungsblaupause

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Isaiah Quintabe ist smart - er hätte sogar etwas aus seinem Leben machen können, studieren, Geld verdienen, normal sein, wenn sein großer Bruder nicht von einem Auto überfahren worden wäre. Dieser Mord warf Isaiah aber aus der Bahn. Clever ist er aber geblieben und setzt seinen IQ als Privatdetektiv ein, der nach Robin-Hood-Manier in seinem Viertel Gutes tut. Als dann die Ex-Freundin seines Bruders in anruft und ihn um Hilfe bittet, ihre Schwester Janine aus der Klemme zu holen, kann er nicht anders, als sich und seinen Kumpel Dodson in den mörderischen Strudel von Las Vegas zu werfen, in den dieser Auftrag mündet: unversöhnliche Geldverleiher mit Handlangern, vor denen sich Frankensteins Monster beim Einschlafen fürchtet; Gangster mit mehr Patronen als Grips, aber genauso hohl; gewissenlose Aufsteiger mit weniger Skrupel als Spinnen gegenüber ihrer Beute im Netz.

In zwei parallelen Erzählsträngen begibt sich Isaiah unerschrocken auf die Suche: Er fahndet nach Janine in Vegas, was mit viel Action gewürzt ist und nicht mit Verfolgungsjagden geizt, und er rollt den Mord an seinem Bruder wieder auf, um Rache zu üben. Das ist super gemacht, denn neben der Spannung in beiden Geschehen fragt man ich bei der Lektüre, wann und wie Joe Ide beides zusammenführen wird. Das geschieht spät, aber gekonnt.

Überhaupt muss man die Konstruktion dieses Thrillers loben: Ausgestreute Hinweise, große Fragezeichen, scheinbare Sackgassen und vermeintlich Vergessenes werden auf den letzten 100 Seiten in den Handlungsverlauf eingespeist, bisweilen sich selbst ergebend, zum Teil mit Aha-Effekt. Das macht dann doppelt Freude, wenn am Ende einer actionreichen Handlung die verstreuten Hinweise im Buch einen überraschenden Sinn ergeben.

Keine Kritik?

Doch, aber nur verhalten: Ide schreibt einen cineastischen Stil, „Stille Feinde“ kommt mit der Rasanz eines Actionfilms daher, der mit Gewalt und Wortgewaltigkeit nicht spart. Da wirken die ausgesprochen häufigen Bemerkungen unpassend, dieses oder jenes sei viel schwieriger, langwieriger oder sowieso ganz anders „als in Filmen“. Ide hat schließlich einen Thriller geschrieben und keine Lockpicking-Dokumentation. Der Held Isaiah selbst eckt mit seiner Robin-Hood-Attitüde und seinem Mauerblümchen-Komplex bisweilen beim Lesen an.

Alles in allem spannende Unterhaltung, ich habe mir I.Q., den Vorgängerthriller zu den „Stillen Feinden“ gerade bestellt!