Einblick in den Olymp

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zopfmadame Avatar

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Es gibt wohl kaum eine Sage in der griechischen Mythologie, welche so bekannt ist wie die der Medusa - und trotzdem bleiben große Teile der Geschichte oft unbeleuchtet. Denn eigentlich steckt so viel mehr hinter Medusa als nur das Monster mit den Schlangenhaaren. Mit dieser Prämisse wirbt der Klappentext auf Natalie Haynes Roman "STONE BLIND – Der Blick der Medusa". In Kombination mit dem stilvoll gestalteten Cover hätte das Buch eine märchenhaft-feministische Neuerzählung einer antiken Legende sein können - doch leider wurde es meinen Erwartungen nicht gänzlich gerecht.

Um Medusas Geschichte mit ihrer gesamten Tragweite verstehen zu können, benötigt man einen gewissen Einblick in die griechische Mythologie und die Götter des Olymps. Diesen Einblick liefert Haynes, indem sie das Geschehen aus den Blickwinkeln von vielen verschiedenen Charakteren erzählt. Was anfangs wie ein Haufen zusammenhangsloser Fragmente erscheint, setzt sich im Laufe des Buches zu einem großen Mosaik der griechischen Mythologie zusammen. Durch die Vielzahl der Charaktere bleibt auf den knapp 400 Seiten allerdings leider wenig Zeit, um die einzelnen Personen besser kennenzulernen. Die Schlüsselfiguren - allen voran Medusa - bleiben recht oberflächlich beschrieben. Anhand des Klappentextes und der Leseprobe hätte ich mir eine feministische Nacherzählung der Medusa-Legende vorgestellt, doch bedauerlicherweise kommt das Mädchen mit den Schlangenhaaren nur bruchstückhaft zu Wort. Die Möglichkeit, die Geschichte der Medusa aus einem anderen, selbstbestimmten, Blickwinkel zu erzählen wurde nicht genutzt und somit wurde die angeteaserte Prämisse des Buches für mich leider nicht erfüllt.

Die Handlung an sich ist fesselnd und trotz der fehlenden Tiefe konnte ich immer wieder mit einzelnen Charakteren mitfiebern. Die großteils recht kurzen Kapitel haben die Geschichte zügig vorangebracht, somit war Stone Blind ein nettes Leseerlebnis für zwischendurch und sorgt zusammen mit dem göttlich gestalteten Cover für einen Hingucker im Bücherregal.

Fazit: Stone Blind hätte viel Potenzial, welches leider nicht vollständig ausgeschöpft wurde. Als Leser*in bekommt man zahlreiche spannende Einblicke in den Olymp, wenn man sich allerdings eine Geschichte mit Medusa im Fokus erwartet, könnte man eventuell enttäuscht werden.