Was, wenn die Geschichte anders geht?

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theblackswan Avatar

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3,5*

Nathalie Haynes hat sich ein ganz schönes Zeil gesetzt, indem sie die Mythen, die viele kennen, neu und aus einem anderen Blickwinkel erzählen will. In dem Fall die Geschichte von Medusa, die ich super spannend finde.

Die zentrale Frage, die im Buch und auch schon auf dem Umschlag gestellt wird ist, wie ein Monster definiert wird und ob sich diese Meinung ändert, wenn man die andere Sichtweise kennt. Und da das das Zeil des Buches war, wurde das meiner Meinung nach auch eingelöst. Wir haben Medusa nicht nur als Trophäe und Monster kennengelernt sondern als menschliches Wesen und Schwester, der sehr viel Unrecht widerfahren ist. Schade fand ich allerdings, dass wir trotz titelgebender Person wenig über Medusa und ihre Innensicht erfahren haben.

Haynes zeigt in vielen kurzen Kapiteln viele verschiedene Charaktere und deren Blickwinkel, die alle mit Medusa zusammenhängen und wichtig für ihre Geschichte sind. Was dabei oft zu kurz kommt ist Medusa selbst, was ich sehr schade finde. Gerade weil Mythologie sich nicht auf Logik und geschichtliche Korrektheit stützt, hätte man hier viel mehr in Medusas Gedanken interpretieren können.

Der Flow der Geschichte läuft Recht gut, obwohl der Schreibstil an vielen Stellen eher nüchtern ist. Manche locker-lustige Momente frischen das ganze etwas auf, kann aber trotzdem nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier manchmal zu wörtlich übersetzt wurde. Ich habe zwischendrin parallel ins englische Hörbuch reingehört und hier funktionieren die Witze / der trockene Humor sehr viel besser. Dennoch experimentiert sie hier sehr schön mit den verschiedenen Sichten und bringt Kapitel ein, die sich anfühlen als wäre man mitten im Klatsch und Tratsch Griechenlands.

An sich gibt das Buch einen guten Überblick über die Zusammenhänge rund um eine Figur der griechischen Mythologie haben wollen ist das Buch bestimmt schön und kurzweilig. Es regt zum Nachdenken über Moral und Blickwinkel an und setzt Geschichte in Kontext. Wer gerne etwas länger in den Gedanken einer einzigen Figur verbringen möchte und trotzdem Kontext haben möchte, ist mit Madeline Miller bestimmt besser bedient.