Bavaria wird verwirrt

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bavaria123 Avatar

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Der Inhalt
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Autor Max Schmeling erhält einen Brief von einem Mann, den er aus seiner Jugendzeit kennt. Sein Name: Tibor Schittkowski . Dieser bittet Max um ein Treffen, und da Tibor Max ehemals zweimal das Leben rettete, macht sich der Schriftsteller auch auf den Weg. Tibor Schittkowski leidet an ALS und wird wohl nicht mehr lange leben.
Im Laufe der Geschichte erinnert sich Max an seine persönliche Vergangenheit und auch von Geschehnissen aus Tibors Leben wird der Leser konfrontiert.


Meine Meinung
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Das Buch kommt sehr auffällig daher. Ein blutrotes Cover mit schwarzen Vögeln und blattlose Sträucher. Ich finde es sehr ansprechend.

Was dann als nächstes auffällt ist der Name des Protagonisten. Max Schmeling - Moment, da gab es doch den erfolgreichen Boxer! Und tatsächlich verdankt der Schriftsteller seinen Namen seinem boxsportbegeisterten Vater.
Das ist dann schon ein wenig ungewöhnlich zu lesen. Und nicht nur die Namensgebung, nein, auch die Story an sich ist doch ungewöhnlich. Meint man anfangs, das Buch würde halt so vor sich hinplätschern, kommt es doch immer wieder zu absolut überraschenden Wendungen.

Bei Hakan Nesser erwartet man schon ein wenig Blut...nein, das gibt es hier fast nicht. Es ist zwar nicht total unblutig, aber eben eher dezent im Hintergrund. Es wird eher das Zwischenmenschliche beleuchtet. Der Autor bedient sich einem sehr cleveren Spiel mit der emotionalen Tiefe und der Frage, wie weit Menschen bereit sind für ihre Interessen zu gehen.
Lange Zeit fragt man sich als Leser, wer denn bestraft werden wird...und wofür....und wie die Bestrafung aussehen wird. Die Story ist wunderbar durchdacht und trotz Verwirrungen nachvollziehbar.

Der Schreibstil ist durchaus anspruchsvoll. Manche Sätze habe ich gern auch zweimal gelesen: "… und selbst wenn der Text, an dem er momentan schreibt, die Absicht hat zu havarieren oder zu implodieren (oder was sich sonst abspielen mag, wenn Romane sich das Leben nehmen), …" Nicht für umsonst nennt man Nesser ja auch einen philosophischen Krimiautor.

Ich denke, dieses Buch wird schon ein wenig polarisieren. Entweder lässt man sich darauf ein und dann ist es wirklich ein sehr zu empfehlendes, unterhaltendes Buch. Oder man hört nach der Hälfte der Seitenzahl verwirrt auf und stellt das Werk resigniert und kopfschüttelnd ins Regal zurück. Ich gebe aber den ganz heißen Tipp: Bitte bis zum (wirklich unerwarteten) Ende lesen und nicht dem im Buch enthaltenen Hinweis nachgehen: „ Wenn ich bis Seite fünfzig gekommen bin und es bis dahin immer noch nicht mein Interesse geweckt hat, lege ich es wieder weg. So mache ich es immer.“

Alle fünf Sterne von mir und Daumen hoch für diese Strafe!