Schuld und Strafe

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
zebra Avatar

Von

Paula Polanskis und Hakan Nessers Krimi „Strafe“ beginnt damit, wie der erfolgreiche Schriftsteller Max Schmeling einen handgeschriebenen Brief von seinem früheren Freund Tibor erhält, der ihn um Hilfe bittet. Da Tibor ALS habe und die Lähmung von den Füßen hochkrieche, so dass er bald nicht mehr werde sprechen können, sei es eilig, denn der Tod sei nur noch eine Frage von Monaten. Zwar beschreibt Tibor seine Lage recht lakonisch bzw. trocken, aber weil ihm nicht mehr viel Zeit bleibe, solle Max sich doch besser beeilen. Schmeling, 62 Jahre alt und gerade erst von seiner 3. Frau verlassen worden, sieht überhaupt nicht ein, wieso er sich bei Tibor melden soll. Doch wie so oft im Leben siegt die Neugier: Wer ist dieser Mann, der behauptet, Max' Freund zu sein und dem er etwas schulde und weshalb überhaupt? Daher greift Max doch zum Telefon und ruft Tibor an. Dieser drängt Max, ihn binnen längstens zwei Wochen in seiner und Max' alter Heimat aufzusuchen – worum es genau geht, verrät er am Telefon jedoch nicht. Schließlich vereinbaren die beiden ein Treffen. Als Max dort ankommt, ist er erstaunt von Tibors Anblick, da der zwar nicht gerade glänzend aussieht, aber eine gewisse Ausstrahlung hat. Nicht nur des mit Tibor getrunkenen Whiskys wegen bleibt Max in Gimsen und nimmt sich ein Hotelzimmer, wo er Tibors Lebensbericht, den der ihm mitgegeben hat, liest.

Zwei Männer, deren Leben kaum unterschiedlicher hätte verlaufen können: Da ist zum einen Max, der eigentlich anders heißt, mit seinem Vater wegen dessen Leidenschaft für den „echten“ Max Schmeling jedoch noch in der Kindheit den Namen Schmeling annahm. Der mal Lokführer, mal Aushilfslehrer war, auf drei Ehen und Trennungen zurückblicken kann und nun erfolgreicher Schriftsteller ist. Und dann ist da zum anderen Tibor, der schon früh von seinem Vater beigebracht bekam, dass er ein Schwachkopf sei und nichts vom Leben zu erwarten habe. Dass er in Barcelona eine Bekannte aus der Schulzeit wiedertriff, die beiden sich verlieben und er sich nun glücklich wähnt, hält nur kurz: Tibor wird verhaftet und zu lebenslänglicher Haftstrafe verurteilt. Als er nach 21 Jahren Haft mit fast 50 aus dem Gefängnis kommt, hält ihn die Suche nach seiner Geliebten aufrecht - doch dann die Diagnose: ALS.

Die Geschichte wechselt zwischen Max' Leben und seiner Lektüre von Tibors Leben hin und her. Zwischendurch erfährt man in Rückblenden die Geschichten, aus denen Tibor ableitet, dass Max ihm etwas schulde. Da die Handlungsstränge bzw. die Geschichten von Max und Tibors Leben Parallelen aufzuweisen beginnen, scheinen sich mit fortschreitender Lektüre die Puzzlestücke zusammenzufügen. Dennoch nimmt die Story noch die eine oder andere Wendung …

An sich garantieren Bücher von Hakan Nesser ja, dass man gut unterhalten wird. Das ist auch bei diesem Buch der Fall. Erwähnt sei hier nur der geschickt gemachte „Cliffhanger“, den Tibor für Max in seinen Lebensbericht einbaut – und der natürlich auch beim Leser von „Strafe“ funktioniert. Dennoch ist der teils fast dokumentarisch sachliche Stil, der an Paula Polanski liegen könnte, etwas anders als Nesser sonst. Vielleicht wegen dieses irgendwie hölzernen Stils und der am Ende des Buch aufkommenden „Hektik“ bezüglich der Aufklärung der Geschichte, bleibt ein etwas schaler Nachgeschmack.