Zwei verlorene Seelen in der großen Stadt

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justm. Avatar

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Jonas und Chiara treffen im Zug nach Amsterdam aufeinander.
Und dann auch vor Ort - immer wieder. Zunächst zufällig, dann mit Absicht dahinter.
Beide wirken wie verlorene Seelen in einer viel zu großen Stadt, mit viel zu vielen Menschen und zu wenig Verständnis von ihrer Umwelt. Beiden scheint die Musik das Wichtigste zu sein und bald wird sie auch das, was sie miteinander verbindet.

Es klingt ein wenig wie der Beginn einer Liebesgeschichte, allerdings macht Autor Markus Behr schnell klar, daß Chiara auf Frauen steht, womit der Weg für eine gute Geschichte über Freundschaft geebnet wäre, zumal das Buch ja auch mit dem Satz "eine Beziehung, die über Höhen und Tiefen hin zu einer echten Freundschaft führt..." beworben wird.

Leider sehe ich das anders.
Zum Einen läßt Behr Jonas oft so dastehen, als würde er doch auf Chiara stehen, was ihn eigenartig und irgendwie auch unsympathisch wirken läßt.
Nicht, daß Chiara sympathischer erscheint: Ihre unkontrollierten (und mir auch unerklärlichen) Wutausbrüche, machen sie nicht gerade zu einer Traum-Protagonistin.
Und zum Anderen kam die "Beziehung" zwischen Jonas und Chiara bei mir nie so rüber, als wären sie wirklich Freunde geworden. Dazu gibt es viel zu wenig Kommunikation zwischen den Beiden und wenn dann geht es meist um Musik. Diese ist wirklich ein raumgreifendes Thema, was bei einem Titel wie "Strassenmusik" natürlich nahe liegt und tatsächlich als Rahmen der Handlung gut funktioniert.

Dennoch fehlt mir das Auflösen des Ballastes, den Beide mit sich rumschleppen; das wirkliche Zueinanderfinden durch die Musik. Das wird einfach nur angedeutet ohne, daß mir als Leser klar wird, wieso ausgerechnet diese Beiden eben nicht nur Musik miteinander machen, sondern tatsächlich befreundet sein sollen.

Die knapp 220 Seiten sind dennoch schnell gelesen. Der Text ist unaufgeregt und modern. Deswegen sollte man auch der englischen Sprache mächtig sein, da beinahe alle Dialoge in Amsterdam in englisch geführt werden.

Fazit:
Wäre die Charakterzeichnung der Protagonisten ein wenig ausführlicher ausgefallen, die Beziehung zwischen Jonas und Chiara ein wenig klarer definiert und das Augenmerk mehr auf die Protagonisten, als auf zufällige Nebenfiguren gelegt worden, dann hätte der Werbetext vielleicht eher gestimmt und mir das Buch insgesamt auch besser gefallen!