100 Jahre - Elbe, Marsch und Zwillinge

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Die Elbe, die Zwillinge und die Gefängnisinsel. Achtunddreißig Jahre Haft, siebzehn Jahre Schweigen.

Die Elbmädchen Enna und Jale warten sehnsüchtig auf die Haftentlassung ihrer Mutter Alea. Denn bei Oma Ehmi herrscht vor allem Stille. Doch am Morgen, an dem die Familie endlich zusammenfinden soll, kommt alles anders. Eine Familiengeschichte, die 1923 beginnt, durchströmt uns mit 100 Jahren Höchstspannung und verästelten Ereignissen, die alle miteinander verbunden sind - genau wie die Mädchen mit der Marsch.

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„Die Stromlinienform ist die ideale Form eines Körpers, die sich durch einen möglichst geringen Strömungswiderstand gegenüber dem […] Medium Wasser auszeichnet.“ (𝘞𝘪𝘬𝘪𝘱𝘦𝘥𝘪𝘢)

Gemäß der Definition trifft der Titel perfekt auf Jale zu. Anpassung und Höflichkeit, ja nicht anecken - so geht Jale lange Zeit gut durchs Leben. Ihre Zwillingsschwester Enna ist das Gegenteil und eine der wichtigsten Figuren des Romans. Die Rebellion, die sie verkörpert, bringt die Wellen und Strömungen in die Elbe. Doch ob die Schwestern ihrem Muster treu bleiben werden?

Ennas Perspektive wechselt sich mit anderen Familienmitgliedern ab und so reisen wir zusammen durch die Zeit, durch die Elbmarschen und mit Schiffen und Booten über die Gewässer.

Als Lesende werde ich schnell zur Detektivin und möchte tatkräftig mithelfen, die Mysterien zu klären. Dass der Roman über 500 Seiten umfasst, merke ich nur an der enormen Breite der Thematik und an den vielen Nebenflüssen und -flüsschen. Denn gelesen habe ich „Stromlinien“ tatsächlich in nur zwei Tagen - an Spannung mangelt es keineswegs.

Ich bin nicht ganz sicher, ob die vielen Perspektiven und Handlungsstränge zwingend nötig waren. Denn die Mystik der Marschen in Verbindung mit den tollen Schwestern und der Naturnähe hätten die Geschichte bereits wunderbar erzählt. Dennoch habe ich den Roman sehr gerne gelesen und mochte vor allem die spannenden Charaktere und den enormen Sog, der „Stromlinien“ ausmacht. Eine Leseempfehlung von mir!