Elbtraum

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
kwinsu Avatar

Von

Die jugendlichen Zwillinge Enna und Jale können es kaum erwarten: morgen wird ihre Mutter Alea nach jahrzehntelanger Haft aus dem Gefängnis entlassen. Doch als es soweit ist, sind sowohl Jale als auch Alea verschwunden und keiner weiß wohin. Zudem stirbt ein Mann bei einem Bootsunglück auf der Elbe und nicht nur die Polizei fragt sich, ob das alles etwas miteinander zu tun hat. Enna beginnt auf der Suche nach den vermissten Angehörigen ihre Familiengeschichte zu durchleuchten und immer mehr Geheimnisse geraten an die Oberfläche.

Kurz: ich finde Stromlinien großartig! Am Anfang hatte ich meine Schwierigkeiten - die verschiedenen Charaktere sind mühsam, teilweise haben sie nicht sonderlich viele sympathische Eigenschaften, aber genau das ist es, was mich im Laufe der Zeit an diesem Roman begeistert hat: die Figuren sind eben nicht nur schwarz oder weiß, sondern sind mit ihren positiven sowie negativen Marotten authentisch und glaubwürdig. Die Geschichte springt in verschiedenen Zeitebenen und man fragt sich lange, was die unterschiedlichen Protagonist:innen eint - nach und nach fügen sich die Handlungsstränge zusammen. Die Erzählweise ist ebenfalls unterschiedlich: während Enna in der Ich-Form berichtet, wechselt der Erzähler in anderen Kapiteln in die 3. Person. Das erzeugt Spannung, bietet Abwechslung und ausreichend Raum für Spekulationen.

Einen besonderen Stellenwert nimmt in "Stromlinien" auch die Landschaft um die Elbmarschen ein. Detailliert und mit Leidenschaft erzeugt Rebekka Frank lebendige Bilder der Natur, seien es die Flusslandschaften oder die unterschiedlichen Tiere - mit den intensiven Beschreibungen fühlt man sich direkt in die Landschaft versetzt. Die Sprache generell ist bedächtig und langsam, was zur Folge hat, dass ich mich oft in der Vergangenheit fand, obwohl das Geschehen in der Gegenwart spielt. Wenn dann Enna beschrieben wird mit ihren grünen Haaren, Piercings und Tätowierungen und zeitgenössische Wörter eingesetzt werden, irritiert das oft, macht aber auch den besonderen Reiz dieses Romans aus.

Die Geschichte selbst ist mysteriös, voller Geheimnisse und Ungesagtem und blättert sich nur peu a peu auf, doch zum Ende werden alle Stränge plausibel zusammengeführt und aufgelöst. Einiges bleibt offen, anderes macht traurig. Aber das wohlige Gefühl mit der Gewissheit, dass alles irgendwie weitergeht, tut gut. Es tut gut diesen wundervollen Roman gelesen zu haben!