Das Leben als Abgrund

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nilly Avatar

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Das Buch „Submarino“ ist keine Leselektüre für zwischen durch. Die ersten 50 Seiten musste ich mit mir kämpfen, es nicht zur Seite zu legen. Der Schreibstil und der vulgäre Sprachgebrauch machen das Buch zu einer echten Herausforderung. Die Sätze sind kurz und abgehackt. Der Autor springt von Ereignis zu Ereignis. Das ist verwirrend. Die Sprache ist schonungslos und ohne Schnörkel. Ich konnte das Buch dann aber doch nicht aus der Hand legen. Es hat mich gepackt. Die realistische Darstellung zweier kaputten, verbrauchten und zerstörten Leben zieht einen in den Bann. Man bekommt einen Blick in den Abgrund. Die Schlagwörter, welche mir zu diesem Buch im Kopf schwirren, sind: Alkohol, Drogen, Huren, Sex, Vernachlässigung, Tod, Mord, sinnlose Gewalt, Brutalität, Hilflosigkeit, Randgesellschaft, Kindheitstrauma …

Es geht um 2 Brüder. Nick und sein älterer Bruder. Im ersten Kapitel erzählt Nick seine Geschichte. Er ist Bodybuilder und Alkoholiker. Was an sich schon ein Widerspruch ist. Nach seinem Knastaufenthalt wegen schwerer Köperverletzung wohnt er in einem sozialen Wohnheim. Die Trennung von seiner Ex-Freundin Ana hat er nicht verarbeitet. Nick kümmert sich statt dessen um Anas Bruder Ivan. Dieser hat die Kriegserlebnisse aus seiner alten Heimat nicht verkraftet und lebt auf der Straße.

Nicks Bruder erzählt seine Geschichte im zweiten Kapitel. Er ist drogenabhängig und dealt. Außerdem hat er einen kleinen Sohn: Martin. Trotz dem Drogensumpf kümmert er sich liebevoll um seinen Sohn. Er will ihm nach dem Tod seiner Mutter eine „funktionierende Familie“ bieten. Auch hier fällt der Widerspruch auf. Drogen und glückliche Familie.
Nicks Bruder erzählt von den Schrecken der Kindheit. Er und sein Bruder waren mit einem Säugling auf sich alleine gestellt. Die Mutter war oft tagelang nicht zu Hause. Wie es ihren 3 Kindern in diesen Zeiten erging, scheint sie nicht interessiert zu haben. Das Baby stirbt..

Diese Schilderungen haben mich sehr bewegt. Die Kinder mussten sich um sich selbst kümmern. Stehlen, lügen und betrügen um zu überleben. Dann noch der Tod des kleinen Bruders. Wenn man diese schlimmen Kindheitserlebnisse liest, scheinen die Lebensumstände der Brüder im Erwachsenenalter vorprogrammiert zu sein.

Das 2. Kapitel war etwas flüssiger zu lesen. Dennoch prasseln auf den Leser unbekannte Eindrücke ein.
Das Buch kann ich nicht jedem empfehlen. Wer aber mal hinter die Kulissen  der Randgesellschaft blicken möchte und keine Angst vor der unliebsamen Realität hat… LESEN !!!