Intensiv recherchierte Zeitgeschichte - zutiefst berührend und empfehlenswert

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Julian Borger, Leiter des Außenpolitik-Ressorts der britischen Tageszeitung “The Guardian”, begibt sich in seinem Buch “Suche liebevollen Menschen” auf Spurensuche in die Vergangenheit seiner jüdischen Familie. Rund 20 Jahre nach dem Suizid seines Vaters stößt er auf eine alte Kleinanzeige aus dem Jahr 1938 - geschaltet im “Manchester Guardian”, aufgegeben von seinem Großvater, der in seiner Verzweiflung nach dem “Anschluss” Österreichs einen Zufluchtsort für seinen elfjährigen Sohn sucht. Aber nicht nur für Julian Borgers Vater, auch für viele weitere Kinder erscheinen Annoncen als letzte Hoffnung für ihre Eltern, ihre Kinder vor dem Holocaust zu schützen. Julian Borger teilt mit den Lesern das Schicksal und die Geschichte seiner Familie und führt aus, was es bedeutet, seine Familie und Heimat zu verlassen, das alte Leben zurück zu lassen und in der fremden Ferne ein neues Zuhause zu suchen – die einzige Möglichkeit zu überleben aber auch die Traumata, die sich dadurch entwickeln.

Wie hoffnungslos müssen Eltern sich fühlen, die ihr Liebstes ins Exil schicken - ohne Gewissheit, sich je wiederzusehen. Die Geschichte von Robert Borger ist sehr persönlich geschildert und zutiefst berührend. Julian Borger beschreibt neben seinem Vater auch die Schicksale weiterer sieben Kinder, deren Flucht sie in die unterschiedlichsten Länder geführt hat – nach England, Frankreich, in die Niederlande und bis nach China. Die Schicksale der Kinder gehen sehr zu Herzen, sind erschütternd und machen doch auch Hoffnung - inmitten des Grauens gibt es doch immer noch Menschen, die bereit sind zu helfen. Das Buch ist teils Biographie, teils Sachbuch – sehr spannend, mitreißend und auch gefühlvoll geschrieben, hervorragend recherchiert und liebevoll mit Bildern der betroffenen Familien gestaltet. Von Kindern zu lesen, die in solch schrecklichen Zeiten auf sich alleine gestellt waren, ist oft schwer zu ertragen, aber um so wichtiger ist es, dass ihre Geschichten geteilt werden, sie in Erinnerung behalten und dadurch unvergessen werden.