Ein nicht ganz so eindeutiger Fall

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heather_h Avatar

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*INHALT*
Ruth Holländer ist Schöffin am Landgericht Berlin-Moabit und wird einem Prozess zugeteilt, der sie berührt: Der Rentner Jürgen Dombroschke soll seine bettlägerige und schwer Parkinson-kranke Frau vergiftet haben. Trotz eindeutiger Indizien glaubt Ruth nicht daran, dass dieser zutiefst traurig scheinende Mann seine Frau umbringen konnte, und schlägt alle Warnungen in den Wind, sich nicht auf eigene Faust umzusehen.
Und auch privat läuft einiges drüber und drunter - und Ruth hat alle Hände voll zu tun, die richtige Balance zu finden zwischen ihrem Restaurant, ihren Kindern, ihrer schwierigen Beziehung und nicht zuletzt ihrem Schöffenamt..

*MEINE MEINUNG*
Wie auch bereits der Vorgänger und erste Band um Ruth Holländer hat mich dieses Buch von der ersten Seite an in seinen Bann gezogen.

Wer hier einen nervenaufreibenden Krimi erwartet, den muss ich leider enttäuschen. Judith Arendt hat hier einen Fall erschaffen, der sehr unaufgeregt daher kommt, und auf subtilere Art spannend ist. Alles andere wäre bei einer Protagonistin, die nicht beruflich, sondern ehrenamtlich mit dem Fall in Berührung kommt, auch nicht glaubhaft.

Vielmehr bekommt der Charakter der Protagonistin und damit auch ihr Privatleben Gewicht. Ruth Holländer ist eine Frau mittleren Alters, die mit beiden Beinen im Leben steht - und irgendwie doch nicht. Gerade die privaten Schwierigkeiten und kleinen Problemchen machen diese Figur so authentisch wie liebenswürdig.

Dabei schafft es die Autorin, das richtige Maß zu finden und die privaten Dinge nicht zu sehr aufzubauschen, sondern eine komplexe und vielschichtige Geschichte zu erzählen. Sie tut das vor allem durch Rückblenden aus Sicht der verschiedenen beteiligten Personen, die langsam und nach und nach ein Gesamtbild ergeben, in das sich auf den letzten Seiten das letzte Puzzleteil einfügt.

Der Schreibstil liest sich sehr flüssig und angenehm - ich hatte an keiner Stelle das Gefühl, dass etwas fehlen würde oder überflüssig wäre. Judith Arendt (nebenbei bemerkt ein Pseudonym von Tanja Weber) schreibt fesselnd und anschaulich, ohne sich in etwas zu verlieren oder die Geschichte zu schnell voran zu treiben. Dieser unaufgeregte Erzählstil trägt seinen Teil dazu bei, dass diese Geschichte ihren eigenen Charakter erhält, der sie so besonders macht.

Nicht nur Ruth Holländer, sondern vor allem auch das Ehepaar Dombroschke wird mir noch eine Weile in Erinnerung bleiben und mich beschäftigen - und ich hoffe auf weitere Einsätze für die Schöffin, die mir so ans Herz gewachsen ist.