Ein Buch, das überrascht

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Rupert ist ein zehnjähriger Junge in einer kinderreichen, sehr armen Familie. Jeden Tag freut er sich auf die Schule, besonders im Winter. Obwohl der Weg mit leeren Magen, nass-kalten Sneakers und ohne Winterjacke eine echte Herausforderung ist, ist es in der Schule wenigstens für ein paar Stunden am Tag warm. Die Familie kann sich weder ausreichend Essen noch Kleidung und auch keine Heizung leisten.

Eines Morgens kämpft sich Rupert durch den Schnee und kommt an einer dunklen, leeren Schule an. Er hat vergessen, dass Weihnachten ist. Auf dem Weg zurück gerät Rupert durch einen dummen (oder vielleicht auch glücklichen) Zufall auf das Grundstück der stinkreichen Familie Rivers, wo er im Schnee ohnmächtig wird und von Turgid River gefunden wird. Der schleppt ihn in sein Zimmer an einen warmen Kamin, gibt ihm trockene Sachen und Rupert darf am Familienweihnachtsfest der reichen Familie River teilnehmen.

Zum ersten Mal in seinem Leben kann Rupert sich richtig satt essen. Über Stunden hinweg wird getafelt und Rupert hat noch nie so viele Köstlichkeiten gesehen und gegessen. Dann beginnen die Spiele. Der Butler bringt Unmengen an kleinen und großen Päckchen, die Gewinne für die Spiele. Diese Spiele sind etwas tricky, denn man kann Gewinne auch wieder verlieren. Rupert stellt sich gut an und hat auch richtig viel Glück, so dass er tatsächlich am Ende alle Preise angesammelt hat. Er wähnt sich schon im siebten Himmel als eine letzte abschließende Quizfrage kommt, die er nicht beantworten kann. Er verliert alles und wird nach Hause geschickt. Wenigstens die warmen Winterstiefel hätte er gern behalten.

So ein bisschen schlechtes Gewissen scheint die Familie River dann aber doch zu haben, denn Rupert wird nach und nach heimlich von einzelnen Familienmitgliedern abgeholt und erlebt unvorstellbare Abenteuer, wobei es immer ein kleines Problem gibt. Es steht immer etwas zwischen ihm und einer sättigenden Mahlzeit. So oft steht er kurz vor dem Essen und schwups ist es wieder in unerreichbarer Ferne.

Vorweg kann ich schon mal sagen, dass ich den Schreibstil der Autorin sehr mag. Es war mein erstes Buch von Polly Horvath und ab der ersten Seite war ich gefesselt. Der leichte und spannende Schreibstil gefiel mir sehr gut. Worauf ich nicht vorbereitet war, waren die total unvorhersehbaren Wendungen und dieses wilde Aufbegehren, das dieses Buch in mir wach rief. Seien wir mal ehrlich. Man liest von dieser bitterarmen Familie, es ist Winter (sogar Weihnachten) und irgendwie erwartet man, dass das Zusammentreffen mit der reichen Familie für Rupert auch ein bessere Leben bedeutet. Pustekuchen! Man leidet richtig mit Rupert und wünscht im nichts mehr als warme Kleidung, Essen und ein richtiges Bett. Stattdessen gibt es wahnwitzige, skurrile Erlebnisse, die auch fliegende Tische und Zeitreisen beinhalten. Dieser magische Faktor war etwas zu viel des Guten. Hier hätte ich mir gewünscht, dass die Geschichte realistischer geblieben wäre. Am Ende muss man aber zugeben, dass die Erlebnisse, die Rupert mit der Familie River hatte, mehr für sein Leben gebracht haben, als es ein einzelnes Essen, das für wenige Stunden satt gemacht hätte, wohl erreichen könnte.

Das Buch ist spannend und macht nachdenklich, es fesselt, kann einen aber auch in den Wahnsinn treiben. Letztendlich bleibt die Erkenntnis, dass jeder sein einzigartiges Leben hat und selbst das Beste daraus machen muss.