Toller Roman - schwierige Erzählperspektive
Alex Capus neuer Roman ist großartig - allerdings eine andere Story, als ich nach dem Klappentext erwartet hatte. Ich hatte erwartet, es gehe hauptsächlich um die Zeit, die Susanna mit Sitting Bull verbracht hat. Tatsächlich arbeitet der ganze Roman nur auf diese Begegnung hin und endet dort. Am Anfang war ich verwirrt und etwas ungeduldig, weil ständig die Geschichten anderer Menschen aus Susannas Leben erzählt wurden - letztlich hat es jedoch dazu geführt, ihr Leben und die Epoche als Ganzes zu verstehen, voller wechselseitiger Einflüsse und Bedingungen, und das ist schon ein gelungenes Kunstwerk. Capus Sprache ist dazu unglaublich bildhaft, ich hatte die Szenen und Figuren stets so leibhaftig vor Augen, wie es selten gelingt. Schwierig fand ich die Anlage des Erzählers: Er erzählt aus der heutigen Zeit rückblickend die Geschichte von Susanna, die er, wie er betont, leider nicht kannte. An manchen Stellen spricht er nur Vermutungen und Vorstellungen über ihr damaliges Leben aus, dann wiederum ist er ein allwissender Erzähler voller Detailwissen. Und trotzdem lässt sich Susannas Leben nach eigener Recherche oft ganz anders nachlesen. Unter dem Aspekt, dass es eine wahre Geschichte ist/sein soll, bleibe ich etwas ratlos zurück - als Roman jedoch ist es ein tolles Leseerlebnis!