Bavaria von der Tarantel gestochen

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bavaria123 Avatar

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Die Geschichte
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Elena von Eschenburg lebt nach ihrer Trennung seit kurzem mit Sohn Ben bei ihrem Onkel Gigi in Apulien. In den heißen Sommermonaten lernt sie die Tradition der “Pizzica”-Musik kennen, die ehemals hypothetisch die Wirkung hatte, besessene Frauen (die sog. “tarantate”) zu heilen, die von einer Tarantel gebissen wurden und deshalb unter einer Art Fluch oder Wahn zu leiden schienen.
Elena lernt Nicola kennen, der sich ganz dieser Musik verschrieben hat. Sie begleitet den Mann und seine bunte Truppe einige Tage lang, um Material und Fotos für eine Berichterstattung zu sammeln.
Es beginnt ein bedeutendes Fest zu Ehren der alten Bräuche und der Auftritt von Nicola und seinem Team wird einer der Höhepunkte sein.
Am Morgen des dritten Festtages erhält Elena frühzeitig eine rätselhafte SMS von Nicola, der sie in einer kleinen Kapelle sehen will. Sie nimmt ihre Kamera und fährt trotz einiger Ängste zum Treffpunkt. Doch dort trifft sie nur noch Nicolas Leiche an.
Kommissar Cozzoli ist indessen noch in Mailand, um seine Aussagen bei einem Mafia-Prozess zu machen. Während seiner Abwesenheit beginnt Elena auf eigene Faust mit den Ermittlungen…

Meine Meinung
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Beim Anblick des Buches in meinen Händen habe ich mich erstmal gefreut. Was für ein verlockendes Cover. Hier aus dem Fenster geschaut und nur graue Wolken, Regen und Wind gesehen und dann ein traumhaftes Blau und eine interessante Kulisse auf dem Buch. So kann Sommerlektüre aussehen. Das hat mir dann sehr schnell Lust zum Losblättern gemacht.

Da ich zwar schon mal in Italien war, wusste ich zwar so ungefähr, wo Apulien zu finden ist. Aber ein wenig genauer musste ich mich dann doch informieren. Apulien ist eine in Südost-Italien gelegene Region mit der Hauptstadt Bari. Die Halbinsel Salento im Süden Apuliens bildet den sogenannten „Absatz“ des italienischen „Stiefels“. Das Klima bietet milde Winter und heiße Sommer. Na gut, dann war ich mir zumindest geografisch schon einmal im Klaren darüber, wohin die Lesereise mich führen würde.

Dann kam aber gleich die nächste Frage, die sich mir stellte. Was bitte hat eine Tarantel mit dem Tanzen zu tun? Hier wird man von der Autorin zwar zuerst in den heißen Tanz und dann in eine ganz allmähliche Erklärung geworfen, aber so ganz genau wusste ich es dann immer noch nicht. Wie gut, dass man heute alles hinterfragen kann. Die Tarantella ist ein aus Süditalien stammender Volkstanz.
Wahrscheinlich wurde ihr Name von der Stadt Tarent, die eben in Apulien liegt, abgeleitet. Der Volksmund legt dem Namen jedoch „Tarantula“ zugrunde, einer unter anderem in Italien anzutreffenden Spinne. „Tarantella“ hieße dann im Ursprung „kleine Tarantula“. Der Biss der Tarantel ist schmerzlich, aber nicht hoch schädlich. Der wilde Taranteltanz soll eine Therapie darstellen: Die Musiker kamen ins Haus des Patienten oder auf den Marktplatz und begannen zu spielen; der Gebissene tanzte bis zur völligen Erschöpfung, um das Gift aus dem Körper zu treiben. Nun gut, damit begann dann eben auch das Buch. Und ich befand mich nicht etwa im Mittelalter, sondern wohl in den 1970er Jahren.

Und damit nicht genug. Kaum hatte ich das nun alles nachgelesen, wurde im Buch von den Pizzica Klängen geschrieben, der furiosen Musik des Salento. Ah ja. Also wieder nachlesen. Die Pizzica ist ein aus dem 14. Jahrhundert stammender ursprünglich therapeutischer Tanz. Der Name kommt vom italienischen Wort „pizzicare“, was „stechen“ oder „beißen“ bedeutet.

Gut, nun aber mal weiter im Buch. Ich wurde gleich am Anfang eben nicht nur mit all den landestypischen Dingen konfrontiert, sondern auch noch mit vielen, vielen Namen. Es gibt wohl ein Vorgängerbuch, welches Elenas Ankunft in Italien und ihre erste Zeit dort beschreibt. Aber das hatte ich nicht gelesen. So stand ich da und musste Rosaria, Gianni, Elena, Ben, Gigi, Michele und Nicola, deren Namen mir alle bis zur Seite 10 um die Augen gehauen worden waren einordnen. Das wäre ja eine Sache gewesen, die man dann noch gemanagt bekommt, aber dann geht es auch noch mit Gegenwart und Rückblicken munter weiter. Und es kommen noch eine Menge mehr Personen im Lauf des Krimis dazu.
Leider bleiben diese aber allesamt sehr schwach charakterisiert. Gut, der Kommissar ist launisch und brummig, das sind aber so viele andere Kommissare auch. Elena ist mir zu oberflächlich, als dass man sich mit ihr identifizieren möchte. Gigi, ihr Onkel, ist noch am sympathischsten.

Leider sind das noch nicht alle Mankos, die mir aufgefallen sind. Was mich wirklich sehr gestört hat, waren die vielen italienischen Vokabeln, die kursiv auf jeder Seite mehrfach eingeschoben worden sind. Frau Wulf, es tut mir sehr leid, aber das nervt. Ich mag die italienische Sprache sehr und kann mir auch durchaus Essen und Trinken bestellen und ein paar Floskeln wechseln. Es ist also nicht so, dass ich nur deutsch lesen und sprechen möchte. Aber in diesem Buch ist der Schmerzfaktor an Sprachengewirr doch überschritten.
Zumal sich dann auch noch Fehler eingeschlichen haben. Auf Seite 33 wird beispielsweise aus Gianni plötzlich Nicola. Auf Seite 121 lese ich: …“ einige Leute kam mit Tamburinen heraus“, für mich kamen sie heraus.

Die Geschichte an sich geht relativ unblutig und eigentlich auch recht unspektakulär dem Ende entgegen. Ich wollte schon gern noch das Ende der Ermittlungen erfahren und habe deshalb bis zum Ende durchgehalten.

Aber trotz allem würde ich das Buch doch empfehlen. Und zwar zwei Gruppen. Zum einen Italienliebhabern, die hier durchaus die Landschaft, die Bewohner, das Essen und das Klima sehr detailliert beschrieben bekommen. Das ist sehr gelungen und stimmt sicher auf eine Italienreise wunderbar ein. Man kann ja nebenbei auch schon eine Menge italienisch lernen. Zum anderen werden Musikbegeisterte ganz auf ihre Kosten kommen, denn es wird reichlich Tamburin gespielt.

Und ich mag das wunderschöne Cover, dass so ganz im Gegensatz zu dem grauen Ausblick aus meinem Fenster steht.
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Die verwendete Zitate / Leseproben wurden ausgewählt und eingebaut um den Stil, Spannungsanteil, Detailreichtum oder ähnliches aufzuzeigen. Sie gehören nach wie vor dem rechtlichen Eigentümer, also dem Autoren und dienen hier lediglich der Unterstützung meiner Rezension.