Tiefe Einblicke in weltferne Weltgeschichte

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"Teatime with Lilibet" von Wendy Holden

Tiefe Einblicke in weltferne Weltgeschichte

Im Vereinigten Königreich der 1930er Jahre sucht eine modern-eingestellte und ambitionierte Frau ihre Zukunft als Lehrerin in den Slums von Edinburgh. Doch wider Erwarten landet sie einer komplett gegenteiligen Welt und wird Gouvernante von Elizabeth und Margaret, den Töchtern des Herzogs Albert - später King Georg VI. Ihre Vision, Großbritannien zu dienen und den Ärmsten der Armen zu helfen, findet sie nun auf gehobener Ebene: die jungen Mitglieder der Royal Family sollen das wahre Leben auf den Straßen Londons kennenlernen. Marion Crawford, die von der zukünftigen Queen Elizabeth II. liebevoll Crawfie genannt wird, entdeckt mit "Lilibet" die Untergrundbahn, die Einkaufshallen von Woolworth und begleitet sie durch die Tragödien des Zweiten Weltkriegs.

Die Autorin lässt das Schottland und England des frühen 20. Jahrhunderts lebendig vor den Augen der Leser aufleben, ohne sich in redundanten Details zu wiederholen. Der Roman lässt sich leichtfüßig lesen und offenbart Fassaden und Hintergründe des englischen Königshauses. So wächst mit dem Lesen stetig die Neugier, noch tiefer in die realen Zeitzeugenberichte hineinzuschauen.

Das Ende der gemeinsamen Geschichte von Marion und Lilibet ist abrupt und im Gegensatz zu deren Anfängen weniger liebevoll gestaltet. Man hat nahezu das Gefühl, die Menschlichkeit der zukünftigen Queen schwindet mit ihrem Alter - jedoch ist in der Perspektive der Gouvernante Crawfie vielleicht genau das verankert geblieben.

Nichtsdestotrotz lassen Schreibstil und Hintergrundgeschichten der Protagonistin nicht zu, dass der Leser allzu viel Mitleid mit der Nicht-Adligen entwickelt, sodass eine Art Reintegration der echten Marion Crawford auch durch diese Romanerzählung nicht geschehen kann.

Es bleibt ein lesenswerter Roman ohne Längen, welcher der Hauptfigur Crawfie jedoch nicht unbedingt einen katharsischen Gefallen tut.