Die berühmte Sage um Wilhelm Tell neu erzählt

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Von Wilhelm Tells legendären Apfelschuss haben wohl viele schon einmal gehört. Joachim B. Schmidt erzählt die Geschichte des Schweizer Nationalhelden neu. In kurzen Kapiteln lässt der Autor eine von Armut und Überlebenskampf geprägte Welt der Schweizer Bergbauern vor dem inneren Auge entstehen. Die Habsburger regieren das Land; ihre Mannen ziehen plündernd, vergewaltigend und mordend selbst durch entlegensten Gebiete und hinterlassen auf den Höfen Spuren der Verwüstung. Wilhelm Tell schert sich nicht um Gesetze und Obrigkeiten, versucht seine Familie in diesen schweren Zeiten durchzubringen, geht trotz Verbot auf die Jagd und gerät dadurch mehr als einmal in Konflikt. Zunächst erscheint er als wortkarger, eigenbrötlerischer und kaltherziger Mann. Je mehr aus seiner Vergangenheit ans Licht kommt, umso facettenreicher, lebendiger und menschlich nachvollziehbarer wird sein Charakter. Die kurzen Kapitel und Sequenzen, die eine Vielzahl von Personen zu Wort kommen lassen, bewirkten bei mir ein Gefühl der Atemlosigkeit beim Lesen. Ich fühlte mich hineingeworfen in ein rasantes Abenteuer, das stellenweise sehr brutal, manchmal auch possenhaft und dabei immer spannend war. Obwohl mir das Ende bekannt war, fieberte und bangte ich bei der berühmten Apfelschusszene bis zuletzt mit. Sprachlich hat mich Joachim B. Schmidt überzeugt und überrascht. Kalmann gehört zu meinen Lieblingsbüchern des vergangenen Jahres. Stilistisch haben die beiden Romane aber rein gar nichts gemeinsam. „Tell“ hat seine ganz eigene Sprache, die ich als sehr stimmig für die Region und die damalige Zeit empfinde. Es gefällt mir gut, wenn Autor:innen derart vielseitig in ihrem Ausdruck sind.
„Tell“ hat eine alte Legende aufleben lassen und mich von der ersten bis zur letzten Seite in seinen Bann gezogen.