Entführt in die Welt des Wilhelm Tell

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borchi Avatar

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Ganz entfernt kannte ich die Geschichte von Wilhelm Tell aus der Schulzeit, und allgemein bringt man den Namen zunächst mit Armbrust und Apfel in Verbindung. Über das „Drumherum“ habe ich nun durch das vorliegende Buch viel gelernt. Es schildert die entscheidenden Geschehnisse temporeich und in kurzen Abschnitten immer wieder aus den verschiedenen Blickwinkeln der beteiligten Personen (Familienangehörige, Dorfbewohner, Soldaten, Landvogt, Pfarrer, Tell selbst). Dabei werden auch menschliche Abgründe, die damaligen gesellschaftlichen Verhältnisse und der letztendliche Triumph der Menschlichkeit beleuchtet.
Die einzelnen Kapitel sind jeweils mit einem Zitat aus dem Buch betitelt, welches aus meiner Sicht jeweils haargenau auf die folgenden Vorkommnisse zugeschnitten ist, ohne jedoch zu viel vorwegzunehmen. Sie fassen thematisch und zeitlich die einzelnen Erzähler-Abschnitte zusammen.
Das Buch startet ohne Prolog direkt in die erste Szene des ersten Kapitels, die Tells Frau wahrnimmt und als Ich-Erzählerin beschreibt. Danach geht es in schneller Folge weiter mit dem älteren Sohn und weiteren Erzählern. Nach jeder Sequenz war ich neugierig, wie es weitergeht.
Dabei ist die Sprache erfrischend klar und immer auf die Person abgestimmt, die gerade der Erzähler ist. Das Buch entführt in die Alpenwelt zu der damaligen Zeit, und als Leser hatte ich das Gefühl, bei den Geschehnissen direkt dabei gewesen zu sein. Auf „Erzähl-Schnickschnack“ wird verzichtet, und wenn ein Abschnitt nur acht Zeilen umfasst, dann war in diesem Augenblick nicht mehr zu sagen.
Über die verschiedenen Ich-Erzähler erfährt der Leser die entsprechende Seelenlage gleich mit, so dass eine Identifikation mit den meisten der Charaktere einfach möglich ist und die einzelnen Szenen miterlebbar werden.
Auch den Aspekt des Mystischen und der Sagen der Bergwelt streift das Buch, was es umso lesenswerter macht, da diese unbegreiflichen Bereiche des Lebens gerade zu der beschriebenen Zeit neben der Religiosität eine große Rolle spielten.
Die äußere Erscheinung des Buches ist diogenes-typisch mit minimalistischem Titelbild, das aber gerade dadurch neugierig auf den Inhalt macht.
Insgesamt ein lesenswertes Buch zum Thema Wilhelm Tell und wahrscheinlich der Einstieg, mich noch vertiefter mit dieser interessanten Persönlichkeit auseinanderzusetzen.