Mach keine Dummheiten, Tell

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bavaria123 Avatar

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Das Buch trägt ein klares Cover. Einfach nur ein stilisierter Apfel auf grünem Grund. Das ist so typisch für den Diogenes Verlag und ich mag diesen Wiedererkennungswert sehr. Und man denkt bei "Tell" natürlich auch sofort an einen Apfel. Das Äußere ist also schon mal gelungen.

Wie sieht es mit den inneren Werten des Buches aus?

Gegliedert ist die Geschichte um Tell in 10 große Kapitel. Hier erzählen dann verschiedene Personen das Geschehen aus ihrer Sicht, also wird immer die Ich-Erzählform genutzt und doch hat man als Leser*in ganz unterschiedliche Perspektiven. Allein im ersten Kapitel lernt man somit sechs handelnde Personen kennen. Da manche Unterkapitel wirklich sehr kurz sind, muss man erst einmal dafür ein gewisses Lesegefühl entwickeln. Das hat bei mir ein wenig gedauert, dann aber habe ich dadurch ein spannendes Leseerlebnis entwickelt.
Die Kapitel werden mit besonderen Gedanken eingeleitet. Gefallen hat mir schon der erste: Der Mensch ist doch nichts weiter als eine Heuschrecke. Passt auch in die heutige Zeit.

Der Autor hat sich mit diesem Buch also dem Tell gewidmet, jenem Mann, der auch schon 1803/1804 Titelheld im Drama von Friedrich Schiller gewesen ist. Schiller ging es vor allem darum, den Freiheitskampf in der Schweiz darzustellen. Natürlich hat sich die Sprache seit 1804 sehr verändert und so war ich auf die Umsetzung für die heutige Zeit sehr gespannt.

Während Schiller Tell als wirkenden Held und Freiheitskämpfer darstellt, ist sein Auftreten bei Joachim B. Schmidt eher ein anderes. Er ist ein nörgelnder Einzelgänger, ein geplagter Bauer, der vor allem ein ruhiges Leben möchte. Und einen gefüllten Bauch. So musste er sich bei mir auch erst Sympathie erarbeiten. Das hat er mit seinem prinzipientreuen Verhalten und dem Beschützen seiner Familie erreicht.

Tell soll ja im 13. / 14. Jahrhundert gelebt haben. Und aus dieser Zeit weht auf jeden Fall ein starker Wind der Gewalt, der Willkür, den großen Standesunterschieden in die Erzählung. Und der Gestank, der in jener Zeit in der Luft gelegen haben muss. Teilweise waren mir die Beschreibungen schon fast zu real.

Dem Autor ist auf jeden Fall ein spannendes Buch gelungen. Schillers Drama wurde von ihm verdichtet, neu interpretiert und in einem besonderen Schreibstil verpackt. Egal, ob man nun Tells Drama schon kennt oder nicht, diese Fassung lohnt sich, gelesen zu werden. Daher auch alle fünf Sterne von mir.