Schullektüre neu aufgelegt

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cynthiam Avatar

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Wenn ich an Wilhelm Tell denke, dann denke ich an dröge Schullektüre und Interpretationsaufsätze. Viel mehr als der Apfelschuss ist eigentlich nicht hängen geblieben. Joachim B. Schmidt legt „Tell“ ganz neu auf und gibt dem Volkshelden eine rasante, verwegene Geschichte.

Zum Inhalt: der Bauer Wilhelm Tell lebt mit seiner Familie in einen kleinen Bergdorf. Entgegen der Anweisungen der Habsburger wildert er in den Wäldern um seine Familie zu ernähren, wofür er hart bestraft wird. Und auch sonst ist Tell in ihren Augen ein Aufrührer dem eine Lektion erteilt gehört. Aber Tell denkt gar nicht daran, sich unterkriegen zu lassen.

Die Kapitel sind sehr kurz, teilweise keine ganze Seite lang unf es treten viele handelnde Personen auf, sodass das Buch eine schnell Abfolge von unterschiedlichen Eindrücken und Gedanken ist. Dabei kommen sowohl die Habsburger zu Wort, als auch Tells Familie, andere Bauern und der Dorfpfarrer. Am Anfang musste ich mich an die schnellen Perspektivenwechsel gewöhnen auch auch wer jetzt genau wer ist erschloss sich erst nach ein paar Kapiteln. Aber wenn man einmal drin ist, trägt diese Erzählweise erheblich zum Unterhaltungswert bei.

Das Original ist bei mir einfach schon viel zu weit in Vergessenheit geraten, um die beiden miteinander vergleichen zu können, aber dieses Buch spricht, trotz seiner Kürze, viele relevante Themen der damaligen Zeit an, wie das Plündern, Schänden und Morden der Landherren, die Familienverhältnisse der damaligen Zeit und den Missbrauch Schutzbefohlener. Das Buch schreckt dabei auch nicht für derben Aussagen und Brutalität zurück, wobei ich mir das nach dem Klappentext sogar noch heftiger vorgestellt hätte.

Ob ich jetzt finde, dass das Buch ein Blockbuster in Buchform ist? Vermutlich eher nicht. Aber es hat mich gut unterhalten und die dröge Schullektüre aus der Mottenkiste geholt.