Betrachtungen des Zwischenraums

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Nach ihrer Ankunft dort lernt sie unglaublich viele Verwandte kennen, Onkel, Tanten, entfernte Cousinen und deren Kinder. Wir als Leser:innen fühlen uns genauso überfordert wie Nilufar, es ist schwierig, sich all diese Menschen und ihre Beziehungen untereinander zu merken. Allein ihre Großmutter, die ihr schon immer ein Gefühl von Heimat vermittelt hat, und ihre Tante Rudabeh sowie ihre Cousine Narges sind mehr oder weniger kontinuierlich an ihrer Seite, die erste Zeit wohnt sie auch bei ihnen. Und dann ist da ihr Vater, der Mann, der unbedingt wollte, dass sie ihn in Iran besucht, mit dem aber trotzdem keine so rechte Nähe aufkommen will, obwohl beide sich bemühen. Es ist ein langsames Herantasten an die eigene Herkunft und das trotz allem fremde Land, das Nilufar immer wieder an das Leben ihres Vaters in Deutschland denken lässt, an die Vorurteile und Ausgrenzungen, die er dort erlebt hat. Vieles hat sie selbst auch erfahren: voreingenommene Lehrer:innen und potenzielle Vermieter:innen, die beim Klang ihres Namens nie eine freie Wohnung hatten. Diese Mischung aus Eindrücken ihres Besuchs in Iran – wohl wissend, dass sie nur einen Bruchteil des Landes zu sehen bekommt und dazu nur das, was die Familie sie sehen lassen möchte – und Rückblicken auf ihre Kindheit und Jugend in Deutschland machen den Reiz dieses Romans aus, den ich sehr gern gelesen habe. Er ist ruhig und gleichzeitig poetisch erzählt und berichtet vom Aufwachsen ohne Vater und von der Annäherung an ein Land, das der Vater eigentlich verließ, um in Deutschland ein besseres Leben zu finden und in dem er nun gezwungen ist, sich mit dem herrschenden System zu arrangieren, um dort wieder leben zu können.
Der Roman beleuchtet das Leben im Transitraum, im Dazwischen, Nilufar fühlt sich keiner Kultur ganz zu Hause, aber dafür in einer Sprache ganz und in einer nur rudimentär. Auch der Romantitel beschreibt dieses Nichtangekommensein, der Teheraner Verkehr ist ein Sinnbild für die innerfamiliären Bewegungen.
Ich habe dieses berührende Buch sehr gern gelesen und kann es allen empfehlen, die sich für Zwischenräume interessieren, egal ob kulturell oder national.