Hat mich nur zum Teil überzeugt

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elchi130 Avatar

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1969, Westberlin: Die Frau eines jüdischen Richters wird ermordet. Das Fatale daran ist, dass sie unter Polizeischutz stand. Doch Kommissar Wolf Heller war 17 Minuten lang abgelenkt, entscheidende 17 Minuten…

Die Autoren Lutz, Wilhelm und Kellerhoff schaffen es in ihrem Kriminalroman „Teufelsberg“ sehr gut, die Stimmung der damaligen Zeit einzufangen. Linksradikale Studenten, Drogen, freie Liebe haben sie ebenso lebensecht vermittelt, wie die Obrigkeitshörigkeit der Behörden, die Spionage und den Kalten Krieg. Super herausgearbeitet haben sie dabei das Frauenbild der damaligen Linken, den politisch bestehenden Judenhass und die Ablehnung jeglicher Polizei. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, in die damalige Zeit einzutauchen und die Ideen, Konflikte und das Weltbild mitzuerleben.

Die Ermittlungen im Kriminalfall konnten mich jedoch nicht ganz überzeugen. Zu sprunghaft ist mir hier das Geschehen. Steht zu Beginn des Buches der Mord an der Frau eines jüdischen Richters, sieht sich die Polizei bald einem Frauenmörder gegenüber, der jeden 20. eines Monats eine Frau sexuell nötigt und umbringt. Von diesem Tatbestand aus machen die Autoren einen Spagat zum Bau einer Bombe, Linksradikalen und Spionen. Das war mir einfach zu viel. Ein klassischer Kriminalfall wäre hier mehr gewesen. Doch stattdessen hüpfen wir von Thema zu Thema. Die Übergänge werden alle logisch erklärt und sind auch schlüssig, lassen mich jedoch unzufrieden zurück. Durch die Verschiebung einer Mordermittlung zu einer Terrorermittlung ist für mich sehr viel Spannung verloren gegangen.

Die Figuren wurden sehr unterschiedlich gezeichnet. Der Spion und die Halbschwester von Kommissar Heller habe ich als sehr sprunghaft und wankelmütig empfunden. Als Leserin wusste ich nie, was ich als nächstes von ihnen erwarten darf. Heller war für mich ein Lichtblick. Er nimmt seine Arbeit sehr ernst, hält sich nicht an Anordnungen, wenn er diese als Obrigkeitshörigkeit empfindet und diese seine Arbeit behindern. Er ist ein liebevoller Ehemann, der seiner krebskranken Frau beisteht. Paula, Hellers Ehefrau, habe ich ebenso als positive Figur wahrgenommen. Sie versucht das Beste aus ihrer Erkrankung zu machen und verbreitet immer wieder Optimismus. Dabei sieht sie der Krankheit jedoch immer ins Gesicht und versucht sich auf alle Eventualitäten einzustellen. Ein starker Charakter, der Mut macht!

Das Buch bietet sowohl Stärken als auch Schwächen auf. Da es mir sehr gut gefallen hat, wie das Flair der damaligen Zeit atmosphärisch dicht vermittelt wurde, bin ich gespannt auf die weitere Entwicklung der Reihe.