Anna und Sherlock

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fredhel Avatar

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Schon der Klappentext gefiel mir, denn so witzig prägnant wird die Autorin skizziert:
Annelie Wendeberg ist eigentlich Umweltmikrobiologin (UFZ, Leipzig; Adjunct Professorin, Uppsala). Doch eines schönen Wintermorgens klappte sie die Augen auf und dachte sich: »Ich schreib mal was.« Seither versucht sie Forschung leicht verständlich und spannend in Blogs zu vermitteln. Des Nachts bringt Annelie Leute um. Auf dem Papier. Für den Kiwi-Verlag.

Es hat mir Spaß gemacht, diese Schöpfung aus wissenschaftlich logischer Intelligenz und kreativer Fiktion zu lesen, und ich unterstelle mal, dass die Protagonistin Anna Kronberg der Autorin Annelie Wendeberg nicht völlig wesensfremd ist.

Anna Kronberg ist zwar mit Intelligenz und abstraktem Denkvermögen mehr als gesegnet, doch zwingt sie die bornierte Welt des späten 19. Jahrhunderts ihren Frauenkörper in Männerkleidung zu tarnen, damit sie ihren Beruf als Arzt unter dem Namen Anton Kronberg ausüben kann. Eine Entdeckung wäre lebensgefährlich und würde Haft oder Flucht nach sich ziehen. Nur einen kann sie nicht täuschen. Der berühmte Sherlock Holmes durchschaut die Maskerade sofort, als sie zusammen zu einem mysteriösen Mordfall gerufen werden. Teils gemeinsam, teils getrennt ermitteln sie und kommen einer weitreichenden Verschwörung auf die Schliche.
Nach dem Lesen des Romans ist man sehr froh, nicht in dieses Zeitalter als armer Mensch geboren worden zu sein, denn die Lebensumstände damals waren einfach unvorstellbar menschunwürdig. Man erfährt zudem einiges über den Umgang mit Infektionskrankheiten, die kaum einer überleben konnte.
Zwar dreht sich in diesem Roman vieles um Medizin und Labore, aber es wird dem Leser nicht zu viel, zu schwer oder zu langweilig. Die Mördersuche steht natürlich im Vordergrund, aber ein weiterer Spannungsfaktor ist die langsam aufkommende leidenschaftliche Anziehung, die Kronberg und Holmes erbittert leugnen, bekämpfen und sich doch ehrlich eingestehen müssen. Die Wortduelle sind tiefsinnig und überall ist eine Prise trockenen Humors zwischen den Zeilen.

Teufelsgrinsen ist ein absolut lesenswerter historischer Krimi. Es bleibt zu Hoffen, dass er der Anfang einer längeren Buchreihe wird.