Teufelsgrinsen

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
dorli Avatar

Von

London, 1889. Um als Ärztin praktizieren zu können, verkleidet sich Anna Kronberg als Mann und ist als Englands führender Bakteriologe Dr. Anton Kronberg am Guy’s Hospital in London tätig. Als im Hampton-Wasserwerk eine Wasserleiche mit der vermutlichen Todesursache Cholera aufgefunden wird, wird Anna dorthin beordert. Sie begegnet Sherlock Holmes, der zu ihrem Entsetzen ihre Maskerade sofort durchschaut, diese aber zum Glück nicht verlauten lässt. Sowohl Anna wie auch Holmes vermuten aufgrund der vorgefundenen Fakten, dass es sich bei dem Toten um ein Mordopfer handeln könnte und beginnen gemeinsam zu ermitteln…

Schon nach den ersten Seiten hatte mich das viktorianische England fest im Griff. Annelie Wendeberg gelingt es hervorragend, die vorherrschende Atmosphäre in London im ausgehenden 19. Jahrhundert wiederzugeben.
Die sozialen Probleme, die katastrophalen Lebensverhältnisse der Bevölkerung und die vielen offenkundigen Missstände besonders in der medizinischen Versorgung werden deutlich gemacht. Und auch die gesellschaftliche Stellung der Frau und ihre Rechte auf Bildung in der damaligen Zeit bringt Annelie Wendeberg zur Sprache, indem sie ihre Protagonistin Anna als Mann verkleidet auftreten lässt. Auf diesem Weg versucht Anna dem Anrecht der Männer, Medizin zu studieren und als Mediziner arbeiten zu dürfen, zu trotzen.

All diese Probleme hat Annelie Wendeberg in eine spannende Krimihandlung verpackt, in der das Grauen um den missbräuchlichen Umgang mit Viren und Bakterien sehr deutlich gemacht wird.

Mit Anna Kronberg hat die Autorin eine intelligente, bemerkenswerte Frau geschaffen. Sie ist sich den Gefahren, denen sie sich durch ihre Verkleidung aussetzt, durchaus bewusst. Aber um ihren Traum zu verwirklichen, nimmt sie nicht nur diese, sondern auch viele andere Entbehrungen in Kauf.
Die Autorin lässt mit Anna und Sherlock Holmes zwei geniale Köpfe aufeinanderprallen, zwischen denen sofort ein Kräftemessen auf geistiger Ebene entsteht. Auch wenn sich die Dialoge nicht als so explosiv und funkensprühend herausgestellt haben, wie ich gehofft hatte, hat mich die spannende und zum Teil recht waghalsige Spurensuche der beiden Ermittler durchweg gefesselt.
Die Autorin bringt auch eine Prise Romantik ins Spiel, es funkt ein wenig zwischen Anna und Holmes. Auch wenn Annelie Wendeberg dieser Part sehr gut gelungen ist, hätte es mir besser gefallen, wenn Anna und Holmes ein reines Ermittlerteam und die romantischen Gefühle außen vor geblieben wären.

Ein spannender Debüt-Krimi mit einem faszinierenden Ermittlerduo und sehr interessanten Einblicken in die Historie der mikrobiologischen Forschung.