Russische Schwermut

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fornika Avatar

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Sieben Jahre saß Ilja im Gefängnis, weil ihm von Fahnder Petja ein Verbrechen angehängt wurde. Sieben Jahre, in denen er eigentlich im Leben Fuß hätte fassen sollen. Jetzt ist die Freundin schon lange weg, der Studienabschluss ewig her, und zu allem Unglück stirbt Iljas Mutter kurz vor seiner Freilassung. Der trifft an seinem ersten Tag in Freiheit ausgerechnet auf Petja, die Wurzel allen Übels; und ersticht ihn. Doch Petjas Leben lässt Ilja nicht los, denn er liest sich durch die Aufzeichnungen und Nachrichten in dessen Handy.

Von russischen Klassikern kennt man die Schwere, das Melancholische dieser Literatur. Glukhovskys Stil vereint die Eigenschaften dieser altbekannten Literatur mit modernen Themen. Ilja ist eine tragische Figur, eigentlich hat er im Leben nichts groß falsch gemacht, trotzdem bricht ein Unglück nach dem anderen über ihn herein. Man wünscht ihm nur das Beste, allerdings hat man mit fortschreitender Handlung doch sehr wenig Hoffnung auf nur ein bisschen Glück für ihn. Petja hingegen scheint mit dem goldenen Löffel im Mund geboren zu sein, doch je mehr man ihn durch seine Nachrichten kennen lernt, desto klarer wird, dass auch er kein leichtes Leben hatte. Ilja irrt mit Petjas Geist im Nacken durch das moderne Moskau, man folgt ihm durch die kalte Stadt und versinkt genüsslich in der russischen Schwermut. Der Erzählstil ist etwas eigenwillig, ich hatte zuerst Zweifel ob sich aus emails, Whatsappnachrichten etc. eine flüssige Handlung ergeben kann. Kann es. Und eine mitreißende noch dazu. Mir hat Gluckhovskys Roman wirklich sehr gut gefallen, auch wenn man sich auf die düstere Stimmung einlassen muss.